Die aktuelle Arbeitswelt offenbart einen Bildungsnotstand – und zwar nicht, weil die jungen Menschen heute in den Schulen, den Ausbildungen und den Universitäten schlecht unterrichtet werden: Verantwortlich ist der immer rasantere Wandel durch die digitale Transformation. Es werden also schneller neue Skills gebraucht, als die genannten Bildungseinrichtungen passende Angebote umsetzen können.
So rasch ist die Arbeitswelt im Wandel
Im Jahr 2020 sagte das World Economics Forum mit dem „The Future of Jobs Report“ voraus, dass innerhalb von fünf Jahren 85 Millionen Jobs nicht mehr von Menschen erledigt werden. Gleichzeitig würden aber 97 Millionen Jobs mit neuen Anforderungsprofilen entstehen. Bereits ein Jahr davor kam die Boston Consulting Group zu dem Schluss, dass im selben Zeitraum ungefähr 60 Prozent der Mitarbeitenden weiterqualifiziert oder direkt umgeschult werden müssten (vgl. Report „Decoding Global Trends in Upskilling and Reskilling“). Bis 2030 müssten weltweit eine Milliarde Jobs umgestaltet werden. Es gibt also viel zu tun.
Re-, Up- und Outskilling – was ist das?
Jobs fallen weg und werden durch andere ersetzt, oder sie verändern sich so stark, dass das ursprüngliche Anforderungsprofil nicht mehr passt. Die Arbeitskräfte sind da, allerdings haben sie nicht mehr die passenden Fähigkeiten. Da können Sie als Führungskraft auf verschiedene Weise Abhilfe schaffen.
Reskilling
Beim Reskilling handelt es um die Umschulung auf einen anderen Job oder eine andere Position. Das wird für diejenigen Menschen nötig, deren Jobs im Zuge der digitalen Transformation wegfallen, weil Computer und Maschinen sie effizienter erledigen.
Darum ist Reskilling wichtig: Die Zeiten, in denen Sie beim Wegfall bestimmter Jobs Mitarbeitende aus betrieblichen Gründen entlassen und neue für das frisch hinzugekommene Anforderungsprofil einstellen konnten, sind vorbei. Erstens wird es immer schwieriger, sich im Kampf um die Fachkräfte gegen die Konkurrenz zu behaupten. Zweitens empfiehlt sich als zuverlässiger und sicherer Arbeitgeber, wer Stellen intern besetzt – auch wenn dafür Reskilling-Maßnahmen nötig werden.
Hier müssen Führungskräfte und Personalabteilungen früh hinschauen und Hand in Hand arbeiten:
- Welche Stellen werden in Mittelfrist wegfallen?
- Welche Mitarbeitenden werden davon betroffen sein?
- Wo liegen deren Kompetenzen, welche Fähigkeiten haben sie neben ihrem erlernten Beruf?
- Welche Positionen müssen neu besetzt werden?
- Wer wäre mit der passenden zusätzlichen Ausbildung für welche Stelle geeignet?
Für Reskilling müssen Sie den Überblick behalten und vorausschauend planen. Sprechen Sie frühzeitig mit den betroffenen Angestellten, um sie vorzubereiten und einen gangbaren Weg zu finden. Der Vorteil ist, dass Sie Kräfte behalten, die das Unternehmen oder die Behörde bereits kennen.
Viele Mitarbeitende freuen sich über die Chance, in der vertrauten Umgebung in einem neuen Bereich zu arbeiten. Andere hatten vielleicht ohnehin mit dem Gedanken an eine berufliche Veränderung gespielt. Diese bleiben durch die richtigen Maßnahmen dem Unternehmen nun doch erhalten.
Upskilling
Fallen die Jobs nicht weg, sondern verändern sich durch die Automatisierung oder die Nutzung neuer Tools, müssen die Mitarbeitenden die entsprechenden Schulungen erhalten: Sie erlernen alles, was für die Nutzung der neuen Tools nötig ist, und werden umfassend auf ihre neuen Aufgaben vorbereitet. In manchen Fällen ist es dafür hilfreich, eine Job-Rotation durchzuführen, damit möglichst viele Mitarbeitende in möglichst vielen Arbeitsumgebungen lernen und das Erlernte anwenden können. Dadurch wird die Flexibilität der Belegschaft enorm verbessert.
Auch Stellen, die im Zuge der digitalen Transformation neu entstehen, können Sie teilweise durch Upskilling neu besetzen: Manchmal fehlen jemandem aus dem Kollegium nur noch wenige Schulungen, um den Anforderungen gerecht zu werden. Ein komplettes Reskilling ist in einem solchen Glücksfall gar nicht nötig.
Darum ist Upskilling wichtig: Durch sorgfältig vorbereitete Upskilling-Maßnahmen sorgen Sie dafür, dass die Mitarbeitenden nicht den Anschluss verlieren. Schaffen Sie neue Tools an, ist es unabdingbar, dass Sie Schulungen durchführen, die die ganze Belegschaft ansprechen – egal, welchen Wissensstand die einzelnen Personen haben. Wichtig ist auch, dass die Schulungen motivieren: Es gibt in allen Behörden und Unternehmen Angestellte, die derartige Kurse am liebsten verweigern würden, weil für sie alles beim Alten bleiben soll.
Es ist die Aufgabe von Führungskräften und Personalabteilungen, den Betreffenden zu verdeutlichen, weshalb sie von den Neuerungen profitieren.
Outskilling
Manchmal können Sie Entlassungen nicht vermeiden. Allerdings können Sie den betroffenen Mitarbeitenden Weiterbildungen oder Kurse finanzieren, mit denen sie Fähigkeiten erwerben, die ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt steigern. Das ist eine finanzielle Ausgabe, die viele Arbeitgeber infrage stellen, aber sie ist sinnvoll.
Wer gekündigt wird, steht dem Arbeitgeber im Allgemeinen nicht positiv gegenüber. In Zeiten des Fachkräftemangels und der Arbeitgeberbewertungen im Internet kann das negative Auswirkungen nach sich ziehen: Schlechte Bewertungen wirken rufschädigend, und ein beschädigter Ruf bringt immer hohe Kosten mit sich und erschwert die Suche nach neuen Mitarbeitenden.
Personalabteilungen und Führungskräfte müssen auch hier vorausschauend planen und zusammenarbeiten:
- Sie identifizieren frühzeitig, welche Mitarbeitenden betroffen sein werden.
- Sie suchen das Gespräch mit den jeweiligen Angestellten und bereiten sie darauf vor, welchen Wandel die Zukunft bringen wird.
- Sie bieten die Finanzierung von Schulungen und Weiterbildungen an, damit die Chancen der Betroffenen auf dem Arbeitsmarkt steigen.
Auf diese Weise mildern Sie den Schock, den ein Jobverlust mit sich bringt. Sie verdeutlichen:
- Es liegt an den Umständen, nicht an Ihrer Arbeit oder Ihrer Person.
- Uns liegt an Ihrem Wohlergehen – wir möchten, dass Sie nach Ihrer Zeit hier bei uns eine gute neue Stelle finden.
- Wir sind bereit, Ihnen dabei zu helfen.
Wer eine Trennung von Mitarbeitenden auf diese Weise einleitet, muss nicht mit Groll und einer schlechten Arbeitgeberbewertung rechnen: Die Angestellten behalten die Behörde oder das Unternehmen in positiver Erinnerung.
Diese Skills werden zukünftig besonders wichtig
Informatiker*innen mit den unterschiedlichsten Schwerpunkten werden jetzt schon händeringend gesucht, und der Bedarf steigt weiter. Doch auch in so gut wie allen anderen Branchen verändern sich die Jobs. Branchenübergreifend werden daher vor allem menschliche Skills wichtig, die KI und Tools nicht besitzen, etwa:
- Kommunikationsfähigkeit
- Empathie
- Kreativität
- Flexibilität
- Emotionale Intelligenz
- Konfliktfähigkeit
Wichtig ist zudem, dass die Mitarbeitenden eine langfristige Lernbereitschaft mit sich bringen: Es wird immer neue Schulungen und Coachings geben, um ihre Fähigkeiten den veränderlichen Anforderungen anzupassen.
Auch eine gewisse Fähigkeit zum Selbst-Management ist hilfreich: Mitarbeitende, die sich gut organisieren und abgrenzen können, verfügen oft über eine hohe Stresstoleranz und Resilienz.
Weiterhin ist der Blick über den Tellerrand wichtig: Fortschritte entstehen vor allem durch den offenen Austausch zwischen verschiedenen Teams. Dafür ist es notwendig zu wissen, wovon die anderen sprechen. Hier kann Job-Rotation sehr weiterhelfen.
Tipp: Das Lernen sollte nicht nur in externen Räumlichkeiten stattfinden, sondern auch am Arbeitsplatz selbst. So wird es zur Normalität, dass die alltägliche Arbeitsumgebung ein Ort für Neugestaltung, Wandel und Fortschritt ist.
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