Autorin: Raza Hoxhaj, zfm-Beraterin
Ein erfolgreiches Personalmanagement in Zeiten des Fachkräftemangels erfordert eine gezielte und individuelle Betrachtung der Mitarbeitenden entlang ihrer Lebensphasen. Menschen durchlaufen unterschiedliche Entwicklungsstufen und Herausforderungen im Laufe ihres Berufslebens, die ihre Arbeitsleistung, Motivation und Zufriedenheit beeinflussen können. Modulare Weiterbildungsangebote, sowie persönliche Auszeiten wie beispielsweise Sabbaticals gewinnen immer mehr an Beliebtheit. Häufig werden diese zur persönlichen Weiterentwicklung oder um Pflegeaufgaben wahrnehmen zu können, in Anspruch genommen. Ein lebensphasenorientiertes Personalmanagement zielt darauf ab, die Bedürfnisse der Beschäftigten zu erkennen und passgenaue Maßnahmen zu entwickeln, die ihre individuellen Lebenssituationen berücksichtigen.
Berufseinstieg: Den Grundstein für eine erfolgreiche Karriere legen
Der Berufseinstieg ist eine entscheidende Phase für junge Mitarbeitende, die oft von Unsicherheit und Neugier geprägt ist. In dieser Zeit ist es entscheidend, die Mitarbeitenden behutsam in ihre neuen Rollen einzuführen und ihnen gleichzeitig die Möglichkeit zu geben, sich persönlich und beruflich weiterzuentwickeln.
Möglichkeiten für das Personalmanagement:
- Mentoring: Die Zuweisung erfahrener Kolleginnen und Kollegen als Mentoren kann den Berufseinsteigern helfen, sich in der Organisation zurechtzufinden, ihre Stärken zu erkennen und frühzeitig von wertvollen Erfahrungen zu profitieren.
- Rotationsprogramme: Durch Rotationsprogramme können Berufseinsteiger verschiedene Abteilungen kennenlernen und ein breites Verständnis für die Verwaltungsstrukturen entwickeln sowie unterschiedliche Aufgabenbereiche kennenzulernen. Dies ermöglicht es ihnen, ihre individuellen Interessen und Stärken zu entdecken und gleichzeitig eine solide Basis für ihre berufliche Zukunft zu schaffen.
- Weiterbildung und Kompetenzentwicklung: Frühzeitige Investitionen in die Weiterbildung junger Mitarbeitende sind insbesondere in Zeiten des Fachkräftemangels von großer Bedeutung. Berufseinsteiger sollten die Möglichkeit erhalten, ihre Fähigkeiten auszubauen und gezielt an zukünftigen Herausforderungen zu arbeiten. Unterschiedlichen Sonderaufgaben oder Projektarbeiten können die Mitarbeitenden dazu anregen, ihre bisherigen Kenntnisse mit Praxiserfahrungen zu verknüpfen und darauf basierend Kompetenzen wie Kooperations- und Konfliktfähigkeit oder Selbstorganisation auszubauen. Dies bietet die Möglichkeit eine Selbsteinschätzung der eigenen Stärken und Entwicklungsfelder vorzunehmen. Vor diesem Hintergrund kann eine Potenzialeinschätzung zur Gestaltung des weiteren Berufsweges vorgenommen werden. Im Rahmen der Potenzialeinschätzung setzen sich die Führungskräfte mit ihren Mitarbeitenden zusammen und nehmen eine Einschätzung der Potenziale und Entwicklungsfelder im Rahmen einer Standortbestimmung vor, welche die Basis für Weiterentwicklungsmöglichkeiten der Mitarbeitenden darstellt.
- Aufstiegsprogramme: Führungskräfte sind dazu angeleitet, die Potenziale und Interessen ihrer Mitarbeitenden im Blick zu haben und unterschiedliche formelle und informelle Mitarbeitergespräche zu verwenden, um eine individuelle Laufbahngestaltung auf horizontaler oder vertikaler Ebene gemeinsam mit dem/der Mitarbeitenden zu elaborieren. Beispielweise eigenen sich Führungskräftenachwuchsprogramme sehr gut dazu Mitarbeitende auf ihre neue Funktion und Aufgabe als Führungskraft vorzubereiten. Die jeweilige Führungskraft sollte zeitnah das Gespräch zur/zum Mitarbeitenden suchen, um diese*n über die Möglichkeit in das Programm aufgenommen zu werden oder über eine mögliche Empfehlung zu informieren.
Rush-Hour des Lebens: Die Balance zwischen Karriere, Familie und Pflege finden
Die Rush-Hour des Lebens ist eine anspruchsvolle Phase, die oft durch die Herausforderungen von Elternschaft, Karriere und möglicherweise der Pflege von Eltern oder Angehörigen gekennzeichnet ist. Es ist entscheidend, in dieser Zeit eine unterstützende und flexible Arbeitsumgebung zu schaffen sowie den Mitarbeitenden weiterhin Aufstiegschancen zu bieten, um ihre Loyalität gegenüber der Organisation zu stärken.
Möglichkeiten für das Personalmanagement:
- Flexible Arbeitszeitmodelle: Die Bereitstellung von Teilzeit- oder flexiblen Arbeitszeitmodellen ermöglicht es den Beschäftigten, ihre beruflichen und persönlichen Verpflichtungen besser in Einklang zu bringen. Zum Beispiel könnten Job-Sharing-Modelle oder Home-Office-Lösungen in Betracht gezogen werden, um nach der Elternzeit keine Karrieredefizite zu erleben.
- Berufsrückkehr nach längerer Familienpause: Im Zuge der Mitarbeitendenbindung ist es von hoher Relevanz, den persönlichen Kontakt zu Mitarbeitenden während der Familienpause zu pflegen. Beispielweise können sich Team-Events (Sommerfest, Weihnachtsfeiern) gut dafür eignen, die persönliche Verbindung aufrecht zu erhalten. Den/die Mitarbeitenden weiterhin über interne Vakanzen zu informieren und ihn*sie an Fortbildungen teilnehmen zu lassen, zollt von hoher Wertschätzung und der weiterhin bestehenden Möglichkeit einer Karriereplanung in der Organisation. Um die Bindung zu Mitarbeitenden aufrechtzuerhalten und die Rückkehr aus der Elternzeit zu erleichtern, ist dieser regelmäßiger Kontakt durch Besuche/Hospitation von hoher Relevanz.
- Familienfreundliche Angebote: Die Bereitstellung von familienfreundlichen Angeboten wie Kindergartenzuschüssen, Ferienbetreuung oder Mutter/Vater-Kind-Kuren kann dazu beitragen, den Mitarbeitenden in dieser herausfordernden Phase entgegenzukommen.
- Sensibilisierung für Pflegeverantwortung: Es ist wichtig, das Bewusstsein für die Pflegeverantwortung zu schärfen und ein unterstützendes Netzwerk für Mitarbeitende zu schaffen, die sich um ihre pflegebedürftigen Eltern oder Angehörigen kümmern müssen. Beispielsweise eigenen sich Netzwerke zu Themen wie Pflege, Elternschaft etc. sowie ein Sozialservice, wo sich Angehörige Informationen und Unterstützung zum Bespiel im Falle von Krankheit und Schicksalsschlägen einholen können.
Übergang in den aktiven Ruhestand: Wissensmanagement und Erfahrungstransfer
Der Übergang in den Ruhestand ist ein kritischer Punkt für das Personalmanagement, da wertvolles Wissen und Erfahrungen die Organisation verlassen. Es ist entscheidend, die Expertise der ausscheidenden Mitarbeitenden zu nutzen und gleichzeitig den Wissenstransfer für die verbleibenden Beschäftigten zu fördern.
Möglichkeiten für das Personalmanagement:
- Lebenslanges Lernen fördern: Die Organisation kann Programme zur Förderung des lebenslangen Lernens anbieten, um die Mitarbeitenden dazu zu ermutigen, ihre Kompetenzen kontinuierlich zu erweitern und sich auf die veränderten Anforderungen des Arbeitsmarktes vorzubereiten.
- Erfahrungsaustausch-Programme: Erfahrene Mitarbeitende könnten als Mentoren oder Beratende fungieren und ihr Fachwissen an jüngere Kolleginnen und Kollegen weitergeben. Regelmäßige Meetings oder Workshops können den Austausch von Erfahrungen und Best Practices fördern. Austauschprogramme über den Ruhestand hinaus, wie beispielsweise Alumni-Netzwerke, bieten ehemaligen Kolleginnen und Kollegen die Möglichkeit ihren Erfahrungsschatz weiterzugeben.
- Dokumentation von Wissen: Das Erstellen von Wissensdatenbanken, Handbüchern oder Leitfäden kann dazu beitragen, das Erfahrungswissen der ausscheidenden Mitarbeitenden zu bewahren und für zukünftige Generationen zugänglich zu machen.
- Altersgerechte Arbeitszeitmodelle: Flexible Übergangsmodelle, wie eine schrittweise Reduzierung der Arbeitszeit, können den Mitarbeitenden den Übergang in den Ruhestand erleichtern und gleichzeitig ihre Fachkenntnisse noch eine Weile in der Organisation halten. Zudem kann es für die/den Mitarbeitenden sehr hilfreich sein, sich in einem Seminar zum bevorstehenden Ruhestand über den Ausstieg aus dem Berufsleben sowie die Planung und Ausgestaltung des Ruhestandes zu informieren und auf diesem Weg begleitet zu werden.
FAZIT
Ein lebensphasenorientiertes Personalmanagement ist von zentraler Bedeutung, um die Bedürfnisse und Potenziale der Beschäftigten optimal zu nutzen, sie in der Bewältigung unterschiedlicher Herausforderungen zu unterstützen und zum persönlichen Wachstum zu verhelfen. Durch die gezielte Unterstützung in den verschiedenen Phasen, vom Berufseinstieg über die Rush-Hour des Lebens bis hin zum Renteneintritt, kann die Organisation ihre Mitarbeitenden nachhaltig fördern und ihre Leistungsfähigkeit steigern. Die Umsetzung der genannten Maßnahmen erfordert ein sensibles Gespür für die individuellen Lebenssituationen der Beschäftigten und eröffnet gleichzeitig neue Chancen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit und die Bindung von qualifizierten Mitarbeitenden.
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