Die Stelle sieht perfekt aus, aber als Sie die Anforderungen betrachten, sinkt Ihnen das Herz: Da ist einiges dabei, das Sie nicht bieten können. Warum das ganz normal ist und wann Sie sich trotzdem bewerben sollten, erfahren Sie hier.

Anforderungen in Stellenanzeigen: Man wird ja wohl noch träumen dürfen

Recruiter schreiben in die Stellenanzeigen, wie perfekte Kandidaten aussehen würden. Gleichzeitig wissen sie, dass es sie nicht gibt – oder dass die Chancen dafür zumindest sehr gering sind, gerade in den aktuellen Zeiten des Fachkräftemangels. Sie legen die Latte aber nicht nur so hoch, weil sie gern perfekte Allrounder finden würden: Die Anforderungen sind auch ein erster Test. Interessierte müssen sich nämlich fragen, ob sie den Aufgaben der Stelle gewachsen wäre. Das erfordert eine ehrliche Selbsteinschätzung.

Must-haves und Nice-to-haves

Lesen Sie die Anzeige aufmerksam: Es gibt einige Worte oder Satzteile, die darauf hindeuten, dass die genannten Fähigkeiten auf jeden Fall vorhanden sein müssen. Dazu zählen etwa:

Die hier genannten Fähigkeiten sind nicht verhandelbar.

Doch es gibt andere Formulierungen, bei denen Sie mehr Spielraum haben. Dazu gehören:

Hierbei handelt es sich um Punkte, die die Arbeitgeber gern sähen, die aber keine Grundvoraussetzung für den Job sind. Auch Formulierungen wie „Quereinsteiger willkommen“ und „ein Universitätsabschluss oder eine vergleichbare Qualifikation“ eröffnen Spielraum.

Experten empfehlen, dass Sie etwa 80 Prozent der Anforderungen der Stellenanzeige erfüllen sollten, um sich zu bewerben.

Dabei kommt es natürlich auch darauf an, welche der Anforderungen Sie nicht mitbringen: Passt die Stelle für die Geschäftsführung eines Stadtwerkes perfekt auf Sie, außer, dass Sie keine Führungserfahrung haben, dann hilft Ihnen auch keine anderweitige hohe Übereinstimmung weiter.

Anders kann es aussehen, wenn Sie die erforderlichen Fähigkeiten haben, aber dafür kein Dokument vorlegen können. Vielleicht haben Sie Informatik studiert, aber aus einem plausiblen Grund keinen Abschluss gemacht? Das können Sie erklären. Muss die Stelle dringend besetzt werden, bekommen Sie vielleicht Ihre Chance – eventuell zu einem etwas niedrigeren Einstiegsgehalt.

Tipps für Ihre Bewerbung

Es gibt einige Punkte, die Sie beachten sollten, wenn Sie sich für eine Stelle bewerben, für die Sie nicht alle Qualifikationen haben.

Authentisch, aber mit Keywords schreiben

Es kommt immer gut an, wenn Sie Ihre Bewerbungen individuell formulieren. Natürlich bereitet das auch mehr Arbeit, doch sie lohnt sich: Personalerinnen und Personaler erkennen aus Textbausteinen zusammengesetzte Bewerbungen und haben direkt weniger Interesse. Zeigen Sie bereits im Anschreiben, dass Sie sich mit dem Arbeitgeber auseinandergesetzt haben und ehrliches Interesse haben, wirkt das unmittelbar positiv.

Achtung: Es besteht das Risiko, dass Sie sich mit zu individuellem Schreiben ins Aus schießen! Das liegt daran, dass zahlreiche Arbeitgeber für die erste Bewerbungsrunde inzwischen mit KI arbeiten. Diese bekommt bestimmte Keywords genannt, die auch in der Stellenanzeige stehen. Fehlen sie – nicht, weil Sie die Qualifikation nicht haben, sondern weil Sie den Punkt umformulieren –, bekommt ggf. nie ein Mensch Ihre Bewerbung zu Gesicht.

Auf die Stellenanzeige eingehen

Nennen Sie die Qualifikationen, die verlangt werden und die Sie erfüllen. Und dann packen Sie den Stier direkt bei den Hörnern und sprechen an, was Ihnen fehlt: „Ich habe bisher nicht mit Programm XY gearbeitet, bin aber gern bereit, einen Kurs zu belegen.“ Zeigen Sie, dass Sie die Anzeige aufmerksam gelesen haben und dass Sie sich der Aufgaben bewusst sind, die auf Sie zukommen.

Den Arbeitgeber in den Fokus stellen

Lesen Sie die Unternehmenswebsite und auch die Pressemitteilungen aufmerksam: Gab es Expansionen, Jubiläen, Neuerungen? Wie ist die aktuelle Situation, und wie können Sie hineinpassen? Erklären Sie, weshalb Sie für das Unternehmen oder die Behörde einen Mehrwert bedeuten können. Geben Sie auch Ihren Wunsch an, am Arbeitsplatz zu lernen. Erweckt Ihre Bewerbung den Eindruck, dass alle Beteiligten von Ihrer Mitarbeit Vorteile haben, ist das gut.

Verzichten Sie auf Schwindeleien

Bedenken Sie, dass es sehr schnell auffliegen wird, wenn Sie Fähigkeiten angeben, über die Sie gar nicht verfügen. Behaupten Sie fälschlicherweise, bestimmte Soft Skills zu besitzen, kann das zu einer Enttäuschung beim neuen Team führen. Behaupten Sie aber z. B., dass Sie fundierte Kenntnisse im Bauplanungsrecht besitzen, obwohl Sie keine Ahnung davon haben, führt das vor allem zum Ende Ihrer Karriere noch in der Probezeit.

Tipp: Auch bei den Soft Skills sollten Sie sich nichts zuschreiben, was nicht passt! Arbeiten Sie am besten allein, können Sie sich selbst den Arbeitstag zur persönlichen Hölle machen, wenn Sie angeben, dass Sie teamfähig sind.

Zeigen Sie Engagement

Werden Teamfähigkeit, Organisationstalent oder kommunikative Fähigkeiten gesucht, können Sie auch auf Erfahrungen zurückgreifen, die Sie nicht in Ihren bisherigen Jobs gemacht haben, sondern etwa:

Diese Erfahrungen lassen sich übertragen, auch wenn Sie sie in einer ganz anderen Branche gemacht haben.

Lautet die Anforderung, dass Sie sich mit einem bestimmten Tool auskennen sollten, können Sie darauf verweisen, dass Sie bislang mit mehreren ähnlichen Tools gearbeitet haben. Sie hätten es jedes Mal rasch geschafft, sich einzuarbeiten, und seien auch bei diesem Tool zuversichtlich.

Kurz: Ziehen Sie Parallelen zwischen dem neuen Job und sich selbst, wo es geht. Zeigen Sie, dass Sie die Stelle gern haben möchten. Eine hohe Motivation ist nämlich Personalern sehr wichtig.

Bereiten Sie sich auf das Gespräch vor

Sie wurden trotz einer fehlenden Qualifikation zum Interview eingeladen? Herzlichen Glückwunsch. Nun müssen Sie sich gründlich vorbereiten. Lesen Sie nach, welche Möglichkeiten es für Sie gibt, die fehlenden Fähigkeiten schnell zu erlernen. Können Sie im Bewerbungsgespräch erwähnen, dass Sie sich bereits informiert haben, welche Optionen Ihnen offenstehen, kommt das gut an. Sie können sich im Gespräch auch erkundigen,

Kurz: Machen Sie deutlich, dass Ihr Lernwille echt und aufrichtig ist. In einem solchen Fall haben Vorgesetzte meist nichts dagegen, wenn neuen Mitarbeitenden noch der eine oder andere Skill fehlt.

Im Gespräch: Mehr Sein als Schein

Gehen Sie im Bewerbungsgespräch offen mit Ihrem Qualifikationsdefizit um und zeigen Sie, dass Sie es gern schnell beheben möchten. Seien Sie aber ebenso offen mit Ihren Fähigkeiten und Erfahrungen – schließlich möchten Sie Ihr Gegenüber ja von sich überzeugen. Wenn Sie freundlich, authentisch und selbstreflektiert sind, kommt das bei den Personalverantwortlichen gut an. Allzu große Perfektion hingegen wirkt einerseits unglaubwürdig und andererseits auch irritierend: Niemand möchte mit einer roboterhaft fehlerfreien Person zusammenarbeiten.

Fazit: Keine Angst vor Bewerbungen

Schauen Sie sich die Stellenanzeigen nicht daraufhin an, ob Sie alle Qualifikationen erfüllen. Wichtig ist nur, welche es sind. Fehlen Ihnen Fähigkeiten, die nicht unbedingte Voraussetzung sind, bewerben Sie sich ruhig. Das Schlimmste, was passieren kann, ist eine Absage – und dann bewerben Sie sich eben auf eine andere Stelle. Legen Sie stets den Fokus darauf, weshalb Sie trotz des Defizits für den Arbeitgeber einen Mehrwert bieten können. Zeigen Sie, dass Sie lernwillig und bereit zur Fortbildung sind.


1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne Beitrag jetzt bewerten!

Archiv

0228 265004