Autor: Wolfgang Nett, zfm-Trainer und Coach

Führung und Motivation von Mitarbeitenden werden zu den wichtigsten Wettbewerbsfaktoren der Zukunft. Im Zuge des sich vollziehenden Wertewandels ändern sich die Ansprüche und Erwartungshaltungen der Mitarbeitenden gegenüber dem Unternehmen. Ein geändertes Menschenbild fordert die konsequente Ausrichtung auf ein kooperatives Führungsverhalten. Das bedeutet v. a., dass Vorgesetzte zukünftig mehr Aufgaben und Verantwortung an ihre Mitarbeitenden delegieren sollen. Die Erfahrung zeigt, dass die Umsetzung des kooperativen Führungsverhaltens in die Praxis vielen Vorgesetzten Schwierigkeiten bereitet. Sie haben zwar gelernt, Fachprobleme zu diskutieren und zu lösen, nicht aber ihre Mitarbeitenden bei zwischenmenschlichen Problemen zu führen. Dabei wird das Mitarbeitergespräch noch stärker als bisher zum zentralen Bestandteil einer mitarbeiterorientierten Führung.

I. Merkmale einer erfolgreichen Gesprächsführung

1. Erfüllung der Erwartungen

Ein Gespräch zeichnet sich im Wesentlichen dadurch aus, dass zwei oder mehr Personen miteinander reden. Dabei knüpfen die Gesprächsteilnehmenden bestimmte Erwartungen an das Gespräch. Sie möchten im Gespräch ihre Position dem Gesprächspartner erläutern und erwarten von diesem eine Reaktion.

Ziel ist es, ein Ergebnis herbeizuführen, bei dem alle Gesprächsbeteiligten möglichst viele ihrer Erwartungen erfüllt sehen. Wer ein Gespräch erfolgreich für sich gestalten will, der muss versuchen, das Gespräch so zu führen, dass auch der andere das Ergebnis für sich positiv bewertet.

2. Systematischer Gesprächsablauf

Idealtypisch wird ein Gespräch in die folgenden grundlegenden Phasen gegliedert:

Die Gewichtung, die inhaltliche Ausgestaltung und die Redeanteile der Beteiligten variieren von Gesprächsform zu Gesprächsform. Zudem müssen nicht alle Phasen durchlaufen werden. In der Praxis werden oft einzelne Phasen übersprungen oder am Schluss weggelassen.

2.1 Eröffnungsphase
Nach dem Motto nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen, ist es wichtig, schon bei der Begrüßung eine positive Gesprächsatmosphäre herzustellen. Die Einstiegssituation sollte ungezwungen und natürlich ablaufen und nicht bei vordergründigen Floskeln steckenbleiben. Heben Sie in dieser Phase durch natürliches Auftreten das Menschliche im Gespräch hervor. Sie und Ihr Gesprächspartner gewinnen an Ruhe und Sicherheit. Die Bereitschaft, danach über Sachprobleme zu sprechen, wird erhöht.

Um in dieser Situation sicher aufzutreten, ist es wichtig, sie psychologisch gut zu bewältigen.

Handlungsempfehlungen:

2.2 Erarbeitungsphase
Der Übergang zum Sachgespräch wird eingeleitet durch das Klären der Gesprächsgrundlage „Worüber sollen wir reden?“, „Was wollen wir erreichen?“.

Sie werden sehr viel Zeit sparen, wenn Sie zu Beginn eine gemeinsame Gesprächsgrundlage schaffen. Dabei gilt es, das Gesprächsziel zu vereinbaren, den gleichen Informationsstand herzustellen, die Begriffe eindeutig zu definieren.

Wichtig ist, dass die Gesprächspartner durch gegenseitigen Informationsaustausch Begriffe klären – nicht Begriffe endlos diskutieren und bewerten! Nur wenn die Gesprächspartner über die gleiche Sache sprechen, kann es am Ende zu einem konstruktiven Ergebnis kommen.

Handlungsempfehlungen:

2.3 Bewertungsphase

Nachdem die Ausgangssituation klar umrissen wurde, geht es jetzt darum, eindeutig Position zu beziehen. Der besonnene Gesprächspartner schätzt die eigene Position und die des anderen realistisch ein. Vertreten Sie Ihre Meinung selbstbewusst und machen Sie Ihre Standpunkte dem anderen unmissverständlich klar. Berücksichtigen Sie dabei aber auch in jedem Fall die Ansichten des Gegenübers, so dass die zu Beginn eingenommene Haltung genügend Handlungsspielraum für Kompromisse lässt.

Sie können diese Phase umso erfolgreicher gestalten, je mehr Sie sich in die Rolle des Gesprächspartners versetzen. Betreiben Sie deshalb eine Nutzenargumentation. Überzeugen Sie Ihren Gesprächspartner dadurch, dass Sie bei Ihren Argumenten auch jeweils die Vorteile für ihn herausstellen. Die Einstellungen und Meinungen des anderen erfahren Sie am ehesten, wenn Sie ihn reden lassen. Achten Sie deshalb in dieser Phase besonders auf ausgeglichene Redeanteile, so dass der Gesprächspartner seine Meinung ausführlich erläutern kann.

Handlungsempfehlungen:

2.4 Vereinbarungsphase
Von ausschlaggebender Bedeutung für den Abschluss eines konstruktiven Gesprächs sind die Vereinbarungen, die von den Gesprächspartnern getroffen werden. Sie machen den Erfolg des Gesprächs erst sichtbar. Ebenso wichtig wie die Formulierung von Gesprächszielen, ist es also, ein gemeinsam getragenes, klar formuliertes Ergebnis festzulegen. „Jeder Gesprächspartner weiß am Ende, woran er ist.“

Aus den Vereinbarungen fließen dann konkrete Handlungsvorgaben ab, die das zukünftige Verhältnis der Gesprächsteilnehmer regeln.

Handlungsempfehlungen:

2.5 Abschlussphase
Der Zweck dieser letzten Gesprächsphase liegt v. a. darin, einen positiven Abschluss zu treffen.

Handlungsempfehlungen bezogen auf den Gesprächsinhalt:

Handlungsempfehlungen bezogen auf den Gesprächspartner:

II. Die besondere Konstellation des Mitarbeitergesprächs

Dieser Abschnitt soll deutlich machen, dass Mitarbeitergespräche keine belanglosen Plaudereien zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden sind. Im Gegenteil, diese Gespräche finden in einer konkreten sozialen Situation statt und erhalten dadurch einen ernsthaften Charakter. Die besondere Konstellation dieser Gesprächsform wird v. a. durch die nachfolgend aufgeführten organisatorisch bedingten Einflüsse begründet:

1. Auswirkungen des Hierarchieverhältnisses auf das Mitarbeitergespräch

„Nur wer führt, hat etwas zu sagen.“

Dieses Sprichwort gibt die Rollenverteilung im Mitarbeitergespräch treffend wieder. Es handelt sich nicht um ein Gespräch zwischen gleichgestellten Partnern. Das Vorgesetzten-Mitarbeiterverhältnis bestimmt das Gesprächsverhalten vielmehr wie folgt:

„Nur der Vorgesetzte hat Anweisungen zu geben, der Mitarbeitende muss demnach weisungsgebunden handeln.“

Aus dieser Rollenwertung heraus ergibt sich, dass der Mitarbeitende aus Angst vor negativen Auswirkungen nur sehr zögernd seine Meinung zu bestimmten Problemen äußert. Oftmals zieht er es vor zu schweigen oder aber, seine Ansicht an die des Vorgesetzten anzupassen.

Um den Mitarbeitenden in der richtigen Weise ansprechen zu können, muss der Vorgesetzte die wirklichen Bedürfnisse des Gegenübers kennen.

Hierzu einige Handlungsempfehlungen:

Der Mitarbeitende muss Einwände vorbringen können und Antworten darauf erhalten. Diese Antworten geben ihm die Möglichkeit, über das eigene Verhalten nachzudenken und so u. U. die bisher eingenommene Haltung zu ändern. Durch den Dialog nach diesem Muster fällt eine Kompromissbildung beider Parteien leichter.

Die Aufforderung: „Sagen Sie mir Ihre ehrliche Meinung“ allein genügt nicht. Der Mitarbeitende muss am Verhalten und an den Taten des Chefs überprüfen können, dass Kritik und neue Vorschläge nicht nur angenommen, sondern auch belohnt werden.

Zeigen Sie Einfühlungsvermögen indem der Mitarbeitende eigene Überlegungen ungestört und ausführlich darlegen kann. Vermeiden Sie Bewertungen von Mitarbeiteräußerungen. Reflektieren Sie lediglich die Gedanken des Gesprächspartners, damit dieser sicher sein kann, dass er richtig verstanden wurde.

2. Räumliche Bedingungen für das Mitarbeitergespräch

Mitarbeitergespräche werden in den meisten Fällen im Büro des Vorgesetzten geführt. Während der Vorgesetzte also ein „Heimspiel“ hat, fühlt sich der Mitarbeitende in der ungewohnten Umgebung eher unbehaglich. Das macht diese Gesprächssituation zusätzlich belastend für den Mitarbeitenden.

Das Gespräch sollte daher in einem Raum stattfinden, der folgende Voraussetzungen erfüllt:

– d. h. keine Unterbrechungen durch Telefonate und andere Personen während des Gesprächs.

– d. h. kein Dritter sollte die Möglichkeit haben, Gesprächsinhalte mitverfolgen zu können.

– d. h. der Gesprächstisch muss den Gesprächsteilnehmern eine gleichrangige Sitzposition ermöglichen.

3. Zeitliche Beschränkung für das Mitarbeitergespräch

Es ist selbstverständlich, dass sich der Chef nicht beliebig oft und beliebig lange mit den Anliegen seiner Mitarbeitenden auseinandersetzen kann. Er hat auch noch andere wichtige Aufgaben zu erledigen. Andererseits sind solche Gespräche keinesfalls als „vergeudete Zeit“ anzusehen.

Wie bereits erwähnt, haben die dort erörterten Probleme und getroffenen Entscheidungen nachhaltigen Einfluss auf das Führungsverhältnis zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden.

Um dieser Bedeutung Rechnung zu tragen und trotzdem den zeitlichen Rahmen einzugrenzen, sollten beide – Vorgesetzter und Mitarbeitender – folgende Verhaltensweisen einbringen:

a) Was der Vorgesetzte tun kann

b) Was der Mitarbeitende tun kann

III. Fazit

Das Mitarbeitergespräch ist nur eine einzelne Situation im Beziehungsgeflecht zwischen Vorgesetztem und Mitarbeitenden. Doch diese einzelnen Gesprächssituationen gilt es zu optimieren. Nur dann kann sich das Verhältnis zwischen Vorgesetztem und Mitarbeitendem so entwickeln, dass es den sich ändernden unternehmerischen Ansprüchen gerecht wird.

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