„Dark Leadership“ klingt unheimlich – und ist es auch. Schon lange ist bekannt, dass sich oft Menschen in Führungspositionen befinden, die eine gewisse Rücksichtslosigkeit mitbringen. Das ist nur logisch, erleichtert ihnen dieser Charakterzug doch den Aufstieg. In der Führungsforschung identifiziert man inzwischen die sogenannte dunkle Triade der Führungspersönlichkeiten. Damit sind die Merkmale Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie gemeint. Wie sie sich äußern und weshalb sie oft (zeitweise) Erfolg haben, erklären wir hier.
Narzissmus bei Führungskräften
Der Narziss der Sage kann seine Augen so wenig von seinem eigenen Spiegelbild abwenden, dass er verhungert wäre, hätten die Götter ihn nicht in die gleichnamige Blume verwandelt. Selbstverliebtheit kommt auch bei Führungskräften immer wieder vor. Narzisstische Persönlichkeiten sind allerdings auf die Anerkennung und die Bewunderung ihres Umfeldes angewiesen. Daher legen sie sich oft ins Zeug, ihre Mitarbeitenden zu umgarnen und zu motivieren.
Das kann eine Weile lang gutgehen und für eine rege Mitarbeit sorgen. Schwierig wird es, wenn jemand die narzisstische Führungskraft kritisiert, Entscheidungen infrage stellt oder auch einfach die gesetzten Ziele nicht erreicht. So etwas kann die Führungskraft als Angriff werten und persönlich nehmen. Mögliche Folgen sind etwa:
- Bloßstellung vor den Kolleginnen und Kollegen
- Ignorieren der betreffenden Person in der weiteren Zusammenarbeit, was einem Kaltstellen gleichkommt und den Karriereweg beeinträchtigt
- Zurückhalten notwendiger Informationen für weitere Aufgaben (also direkte Sabotage der Einzelperson)
Für Betroffene ist es immer dann besonders hart, Gehör zu finden, wenn viele der Mitarbeitenden große Stücke auf die Führungskraft halten und gut von ihr behandelt werden. Auch von den Vorgesetzten der Führungskraft wird nicht viel Rückhalt kommen, wenn die Zahlen der Abteilung stimmen und sonst wenige Beschwerden laut werden.
Machiavellismus bei Vorgesetzten
Niccolò Machiavelli schrieb mit „Der Fürst“ eine Anleitung, wie effektive Politik funktionieren kann, wenn die Politik der Güte versagt. Sie ist haarsträubend, aber unter Auslassung aller ethischen und moralischen Gesichtspunkte korrekt und sogar praktisch. Machiavellistinnen und Machiavellisten verfolgen grundsätzlich ihre eigenen, oft langfristigen Ziele, wobei der Zweck für sie die Mittel heiligt. Ihre Unfähigkeit zur Empathie erleichtert es ihnen, andere Leute für ihre Pläne zu benutzen oder gar auszubeuten.
Berechnung bestimmt im Machiavellismus den Alltag: Was muss ich wann wie tun, um meinen Einfluss, meine Macht und meinen Reichtum auszubauen – wie verbessere ich meinen Status? Anderen Menschen gegenüber zeigen die so handelnden Führungspersönlichkeiten sich immer misstrauisch. Sie können sich nicht vorstellen, dass jemand für einen anderen Zweck als den eigenen arbeitet.
Machiavellistische Führungskräfte zeichnen sich durch sehr gutes Organisationstalent aus. Sie sind geschickt in der Planung und treffen gern Entscheidungen. Kontrolle (auch Selbstkontrolle) liegt ihnen im Blut. Das sind die Gründe, weshalb viele Unternehmen an ihnen festhalten, auch wenn es bereits die ersten Hinweise auf unethisches oder unmoralisches Verhalten gegeben hat: Ist es für die entsprechende Führungskraft von Vorteil, dass sie im Unternehmen gut performt, kann sie ausgesprochen effizient sein und zum Unternehmenserfolg beitragen.
Psychopathische Vorgesetzte
Diejenigen Führungskräfte, unter denen Mitarbeitende wohl am meisten zu leiden haben, zeigen psychopathische Züge. Sie sind gefühlskalt und streben nach Macht, wobei ihnen Vorschriften egal sind. Während Narzissmus und Machiavellismus noch gewisse Vorhersagen über das wahrscheinliche Verhalten der Führungskraft erlauben, ist das bei Psychopathinnen und Psychopathen nicht der Fall: Sie sind unberechenbar und reagieren häufig impulsiv.
Gleichzeitig zeigen sie großes Geschick bei der Manipulation und haben keinerlei Skrupel, zu lügen oder Druck auszuüben. Auch nach Aktionen, mit denen sie Mitarbeitenden nachweislich geschadet haben, kennen sie keine Gewissensbisse.
Psychopathinnen und Psychopathen bleiben vor allem deshalb so oft lange auf ihren hohen Positionen, weil sie ihre negativen Seiten vor ihren Vorgesetzten gut verbergen können. Sie sind imstande, sich in ein gutes Licht zu rücken und Menschen, die sich über sie beschweren möchten, bereits im Vorfeld zu diffamieren und unglaubwürdig zu machen. Derartige Führungskräfte schädigen das Unternehmen häufig über einen längeren Zeitraum hinweg, ohne dass die Chefetage das bemerkt.
Warum Dark Leadership funktioniert
Die dunkle Triade der Führungskräfte arbeitet mit Drohungen und Druck, Lügen und Manipulation. Man sollte annehmen, dass derartige Verhaltensweisen sich schnell nachweisen lassen und die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber die entsprechenden Konsequenzen ziehen. Ganz so einfach ist das aber nicht: Einerseits sind die betreffenden Führungskräfte häufig in der Kunst der subtilen Täuschung sehr geübt, andererseits arbeiten sie oft effektiv. Das ist eine Kombination, die ihnen in vielen Fällen den Aufstieg in Unternehmen oder Organisationen ermöglicht.
Es sind meistens gerade in den ersten Jahren nur vereinzelte Angestellte von dem unethischen Verhalten der Dark Leader betroffen. Wenden sie sich mit ihren Beobachtungen an Kolleginnen und Kollegen, kann es sein, dass sie Unverständnis ernten. Viele geben hier schon entmutigt auf: Wer soll ihnen glauben, wenn nicht einmal das eigene Team es tut? Wer sich tatsächlich bei den Vorgesetzten der Bad Leader beschwert, muss Glück haben, um ernst genommen zu werden. Oder, schlimmer noch: Die Beschwerde wird durchaus ernst genommen, aber der Wert der Führungskraft zu hoch eingeschätzt, als dass es Konsequenzen gäbe.
Kurz: Aus Angst vor Mobbing, Abmahnung oder gar Kündigung behalten viele Mitarbeitende das falsche Verhalten der Führungskräfte für sich. Stattdessen hoffen sie wider besseres Wissen, dass die Situation sich ändern wird. Halten sie es nicht mehr aus, wechseln sie schließlich zu einer anderen Stelle – oft aber erst, nachdem sie bereits psychischen Schaden genommen haben.
So schaden Dark Leader den Arbeitgebenden
Auch wenn die toxischen Führungskräfte zum Unternehmenserfolg beizutragen scheinen, schädigen sie ihre Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber früher oder später: Da sie grundsätzlich eigene Ziele verfolgen und Mitarbeitende bei Bedarf schlecht behandeln, fällt ihr Schatten immer auch irgendwann auf das Unternehmen oder die Behörde. Angestellte reichen lieber die Kündigung ein, als sich den betreffenden Führungskräften weiterhin auszusetzen. Damit kann wertvolles Fachwissen verloren gehen, und die Suche nach neuen Mitarbeitenden sowie ihre Einarbeitung kostet Zeit und Geld.
(Ehemalige) Mitarbeitende können zudem andere Fachkräfte davor warnen, im Unternehmen oder der Behörde anzufangen – das Image nimmt Schaden. Da das Internet nicht vergisst, bleiben schlechte Bewertungen auf den einschlägigen Seiten auch dann bestehen, wenn der Schaden schließlich behoben und die toxische Führungskraft entfernt worden ist.
So identifizieren Sie toxische Führungskräfte
Um zu verhindern, dass Bad Leader in Ihrer Organisation Fuß fassen, sollten Sie regelmäßig Ihre Mitarbeitenden anonym befragen. So können die einzelnen Angestellten ohne Angst vor Konsequenzen erzählen, was in den einzelnen Teams geschieht. Es ist wichtig, dass Sie die Beschwerden ernst nehmen und nicht als individuelle Antipathie abtun – vor allem, wenn mehrere Beschwerden eine bestimmte Person betreffen. Eventuelle persönliche Vorlieben sollten Sie bei der Beobachtung der genannten Führungskraft hintanstellen: Der Schutz Ihrer Mitarbeitenden hat in diesem Fall Priorität.
Tipp: Falls Angestellte der Generation Z kündigen, fragen Sie nach den Gründen! Viele von ihnen achten stärker auf ihre mentale Gesundheit als ältere Mitarbeitende und ziehen lieber die Notbremse, als sich von einer toxischen Führungskraft schikanieren zu lassen.
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