Autorin: zfm-Beraterin Elisa Heinen

Jeder kennt die Ratgeber auf die Frage, die in vielen Bewerbungsgesprächen gestellt wird: „Was war Ihr größter Misserfolg – und wie sind Sie damit umgegangen?

Und Hand aufs Herz: Die Antwort ist meist glattgebügelt, einstudiert, strategisch verpackt. Aus dem Scheitern wird schnell eine Heldengeschichte gemacht. “Ich bin zu ehrgeizig, weshalb ich nicht von der Arbeit wegkomme.” Klingt gut. Ist es aber auch ehrlich? Soll das wirklich der richtige Ansatz sein?

Warum wir uns endlich trauen sollten, richtig zu scheitern:

Fehlerkultur: Doch nur ein Trendbegriff?

„Fehlerkultur“ ist längst kein Fremdwort mehr im Berufsalltag. Besonders im Zuge des Generationswechsels rückt der Wunsch nach einem offenen und konstruktiven Umgang mit Fehlern immer stärker in den Fokus.

Der Begriff „Fuck-up Story“ klingt erstmal eher nach einem Jugendwort des Jahres als nach Konferenzraum. Trotzdem taucht er immer häufiger im Kontext von moderner Unternehmenskultur auf. Dahinter steckt ein simples Prinzip: Lasst uns gemeinsam über unsere Fehler sprechen – bevor wir sie wiederholen.

Eine Fuck-up Story ist das bewusste Zusammenkommen einer Gruppe, um offen über Misserfolge und Fehler zu sprechen – ehrlich, reflektiert und ohne Tabus. Dabei geht es nicht darum, in Selbstmitleid zu baden oder bloßzustellen. Es geht um echte Reflexion. Um das Teilen von Situationen, die nicht liefen wie geplant. Um ehrliche Einblicke, was man daraus gelernt hat – und wie das auch andere vor ähnlichen Fehlern bewahren kann.

Fuck-up Storys könnten die Team-Meetings von morgen sein.

Durch die Auseinandersetzung und Reflexion von Misserfolgen oder Fehlern ermöglicht es der gesamten Gruppe diese Fehler zukünftig anders anzugehen und somit zu vermeiden.

Aber Moment mal – sind wir dafür überhaupt bereit?

In vielen Köpfen herrscht noch immer der Gedanke: Fehler = Schwäche.
Und Schwäche? Hat im Job nichts zu suchen.

Doch genau da liegt das Problem. Wir erwarten von Mitarbeitenden Kreativität, Innovationsgeist, schnelles Arbeiten – aber alles bitte ohne Risiko? Ohne Scheitern? Das ist wie ein Kompass ohne Norden.

Wahre Stärke zeigt sich nicht in makellosen Erfolgen, sondern darin, wie wir mit unseren Rückschlägen umgehen.

Und dafür braucht es Raum. Eine sichere Atmosphäre. Und vor allem: Führungskräfte, die mit gutem Beispiel vorangehen.

Führungskräfte aufgepasst: Fuck-up fängt bei euch an

Wenn Führungskräfte über Fehlerkultur sprechen, fallen oft Phrasen wie: „Meine Tür steht immer offen“ oder „Mitarbeitende dürfen jederzeit mit Problemen kommen“. Klingt nett. Aber auf Fragen, wie sich dies im Praxisalltag konkret darstellt, folgt häufig Stille.

Fehlerkultur beginnt nicht bei der Tür – sie beginnt bei der Haltung.

Wer will, dass sein Team offen über Herausforderungen spricht, muss selbst den Anfang machen:

Was passiert, wenn wir Fehler endlich feiern?

Klingt verrückt? Vielleicht. Aber es lohnt sich:

An Unis wie in Bonn, Köln oder Aachen sind Fuck-up Nights längst Alltag. Studierende erzählen dort offen von Zweifeln, Fehlentscheidungen und Ängsten. Warum? Weil sie wissen: Scheitern gehört zum Weg dazu.

Warum also nicht auch im Berufsalltag?

Zeit für einen Perspektivwechsel

Wir müssen aufhören, Fehler als Ausnahme zu sehen. Sie sind der Normalfall, wenn wir mutig sind. Wenn wir gestalten. Wenn wir echt sind.

Also lasst uns endlich Schluss machen mit der Perfektionsmaske im Job.
Lasst uns scheitern – bewusst, ehrlich, gemeinsam.
Lasst uns lernen, bevor wir belehren.

Tim Bendzko hat’s schon vor Jahren erkannt: „Ich bin doch keine Maschine.“ Höchste Zeit, dass wir uns im Job auch wieder daran erinnern.


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