Sie sind auf der Suche nach einem neuen Job und die Stellenanzeige passt wie angegossen. Darum überrascht Sie die prompte Absage sehr. Es ist auch nicht die Erste. Ehe Sie jetzt an Ihren Fähigkeiten zweifeln, sollten Sie Ihre Bewerbung noch einmal anschauen – und zwar mit den Augen einer KI. Die Wahrscheinlichkeit, dass kein Mensch Ihre Bewerbung je zu Gesicht bekommen hat, ist gar nicht so gering.
ATS als erste Hürde
Gerade größere Unternehmen und Behörden nutzen oft ein Bewerbermanagementsystem (englisch: Applicant Tracking System/ATS), um die interessanten Bewerbungen herauszufiltern. Nur diese werden dann von den Mitarbeitenden der Personalabteilung gelesen. ATS erkennen aber Fehler und Ausschlusskriterien, die ein Mensch nicht als solche einordnen würde. Kurz: Es kann sein, dass Sie mit den besten Qualifikationen wegen einer Formulierung oder einer Formatierung an der Maschine scheitern.
Keywords für den Angelhaken
Möchten Sie den Job an Land ziehen, sollten Sie die passenden Informationen als Köder verwenden. Hat man Ihnen noch beigebracht, dass es sprachlich elegant ist, Bezeichnungen umzuformulieren? Vergessen Sie das. Die Stellenanzeige ist Ihr Stichwortgeber. Bewerben Sie sich initiativ, schauen Sie sich auf der Website Ihres Wunscharbeitgebers um: Wie genau sind die Stellen hier bezeichnet? Welche Qualifikationen werden für Jobs erwartet, die Ihrer Wunschstelle gleichen?
Schreiben Sie sich die wichtigen Punkte heraus und halten Sie sich exakt an die Formulierungen: Mit großer Wahrscheinlichkeit sind sie es, nach denen die KI Ihre Bewerbung scannt. Enthält die Stellenanzeige Abkürzungen, können Sie auf Nummer sicher gehen und den Begriff ausschreiben und die gebräuchliche (oft englische) Abkürzung hinzufügen, etwa so: Suchmaschinenoptimierung (SEO).
Achtung: Es ist wichtig, dass Sie die passenden Begrifflichkeiten auch als Überschriften bei den Qualifikationen benutzen! Vielleicht würden Sie selbst als Überschrift für Ihre Hardware- und Softwarekenntnisse „IT-Kompetenzen“ schreiben. In der Stellenanzeige ist aber von EDV-Kenntnissen die Rede. Beißen Sie in den sauren Apfel und passen Sie sich dem wenig zutreffenden und veralteten Wording der Stellenanzeige an.
Tipp: In manchen Ratgeber lesen Sie, dass Sie die wichtigsten Keywords so oft wie möglich einbringen sollten. Lassen Sie das lieber. Zwar kann es sein, dass die KI Ihre Bewerbung durchwinkt, aber spätestens die oder der Mitarbeitende in der Personalabteilung legt sie dann kopfschüttelnd beiseite.
Technische Eigenheiten des ATS
Es gibt eine ganze Reihe von Punkten, die Sie bei einer Bewerbung, bei deren Auswertung künstliche Intelligenz involviert ist, beachten sollten.
Das passende Format
Falls auf der Website oder in der Stellenanzeige ein Dateiformat für Ihre Bewerbung oder Ihren Lebenslauf angegeben ist, nutzen Sie das. Ist dem nicht so, laden Sie ein PDF hoch – das kann jedes ATS auswerten.
Ein schlichtes Layout
Verzichten Sie bei der Formatierung auf komplexere Layouts und Extras wie etwa:
- Tabellen
- Spalten
- informative kleine Grafiken
- Aufzählungen mit ausgefallenen Symbolen
- ausgefallene Schriften (als „sicher“ gelten etwa Arial, Calibri und Times New Roman)
Aufwendige Bewerbungen sind zwar für Menschen schön anzuschauen, die Maschine kann sie aber oft nicht entschlüsseln. Und was sie nicht erkennt, bekommt auch niemand aus der Personalabteilung zu lesen: Sie ist die erste Instanz.
Keine wichtigen Informationen in den Kopf- und Fußzeilen
Nicht alle ATS können die Inhalte der Kopf- und Fußzeilen erfassen. Verzichten Sie darauf oder schreiben Sie keine essenziellen Informationen hinein.
Rechtschreibfehler vermeiden
Fehler in der Bewerbung hinterlassen bei menschlichen Lesenden einen schlechten Eindruck. Personalerinnen und Personaler können sich jedoch dafür entscheiden, über einen Buchstabendreher hinwegzusehen, wenn der Rest der Bewerbung gut passt. Eine Maschine hat diese Möglichkeit nicht. Wo ein Mensch versteht, dass mit „Chagne-Management“ „Change-Management“ gemeint ist, erkennt die KI lediglich, dass ein wichtiges Keyword fehlt. Und damit sind Sie raus aus dem Bewerberpool.
Tipp: Nutzen Sie mehrere Rechtschreibprogramme, um sicherzugehen, dass Ihre Bewerbung fehlerfrei ist! Das ist sowohl für die maschinelle als auch für die menschliche Beurteilung ein wichtiger Punkt.
Feuer mit Feuer bekämpfen? Das ist keine gute Idee
Es gibt online Vorlagen, die Sie für ein Bewerbungsverfahren nutzen können, in das ein ATS integriert ist. Allerdings sollten Sie lediglich die Formatierungen nutzen: Lassen Sie selbst eine KI Ihre Bewerbungen erstellen, indem Sie sie mit den Informationen aus den Stellenanzeigen versorgen, kann das böse Folgen haben.
Ein Großteil der HR-Mitarbeitenden bei größeren Arbeitgebern erhält inzwischen mit KI erstellte Lebensläufe, die nicht unbedingt immer der Wahrheit entsprechen. Das muss nicht einmal auf böse Absichten seitens der Bewerbenden zurückzuführen sein, sondern kann auch an einer Eigenheit der künstlichen Intelligenz liegen: Eine KI tut, was Sie ihr sagen. Geben Sie ihr also den Auftrag, eine gute Bewerbung auf eine Stellenanzeige zu verfassen, dann tut sie das – unabhängig davon, ob Sie die geforderten Qualifikationen haben oder nicht.
Das Überprüfen der Angaben ist aufwändig, dauert lange und kostet Geld. Wenn Sie in einem Bewerbungsgespräch zugeben müssen, dass bestimmte Informationen über wichtige Qualifikationen nicht korrekt sind, hatte die Personalabteilung bereits einen großen Verwaltungsaufwand. Im Unternehmen leidet dadurch die Effizienz, während Ihr Ruf als Bewerberin bzw. Bewerber Schaden nimmt.
Netzwerkpflege für den Bewerbungsprozess
KI spart den Arbeitgebern im frühen Bewerbungsprozess viel Zeit ein. Einen Großteil davon wenden die Angestellten der Personalabteilungen jedoch dafür auf, die Angaben aus den interessanten, aber ebenfalls mit KI erstellten Lebensläufen nachzuprüfen. Ein einfacher Weg dafür ist der Blick in die Sozialen Netzwerke. Entsprechend sorgfältig sollten Sie diese auf dem neuesten Stand halten. Achten Sie darauf, dass Ihre Angaben in Berufsnetzwerken wie LinkedIn mit denen in Ihrer Bewerbung übereinstimmen. Andernfalls verspielen Sie Ihre Chance auf ein Bewerbungsgespräch.
Fazit: So gelingt der Bewerbungsprozess mit KI
Bewerben Sie sich bei einem großen Arbeitgeber, ist die Chance hoch, dass im Bewerbungsprozess KI zum Einsatz kommt. Nutzen Sie ein Bewerbungsformular auf der Website des Unternehmens oder der Behörde, steigt die Wahrscheinlichkeit noch einmal an. Mit einigen Tipps meistern Sie diese Hürden:
- Nutzen Sie exakt die Begriffe aus den Stellenanzeigen und von der Website.
- Schreiben Sie im Zweifelsfall Begriffe aus und geben Sie die gängige Abkürzung an.
- Formatieren Sie Dokumente mit einfachen Layouts und gut leserlichen Schriften.
- Verzichten Sie auf Sonderzeichen und Grafiken.
- Bleiben Sie mit allen Angaben über Ihre Qualifikationen und Erfahrungen bei der Wahrheit.
- Nutzen Sie Rechtschreibprogramme, um Fehler auszuschließen.
- Laden Sie Dokumente als PDFs hoch.
- Pflegen Sie Ihre Profile in den Netzwerken – die Chance ist hoch, dass die Personalerinnen und Personaler einen Blick hineinwerfen, um Ihre Angaben zu verifizieren.
Der Bewerbungsprozess hat sich durch KI gleichermaßen vereinfacht und verkompliziert. Bedenken Sie während des Verfassens immer, dass Sie sowohl Mensch als auch Maschine ansprechen.
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