Lernen im Beruf bekommt in Zukunft ein neues Gewand. Es geht nicht mehr nur darum, neue Fähigkeiten auf Vorrat zu erwerben. Lernen heißt künftig: Dranbleiben und Just-in-time-Formate nutzen, wo sie geeignet sind. Denn Weiterbildung vollzieht sich in Zukunft auf Abruf – sobald Bedarf da ist, soll dieser auch gedeckt werden. Digitale Formate helfen dabei.

Ein wichtiger Grund, warum wir in so hohem Maße darauf angewiesen sind, mehr aus der uns zur Verfügung stehenden Arbeitszeit herauszuholen, ist der verstärkte Bedarf an Qualifikation.

Die Digitalisierung von allem und jedem verlangt neue Kompetenzen. Smartphone und Tablet sind in unserem privaten Umfeld schon eine Fernbedienung für das gesamte Leben, allein die digitale Tür zur öffentlichen Verwaltung steht erst einen Spaltbreit offen. Aber auch das wird sich ändern, denn nach 15 Jahren Digitalisierungsfahrt auf der Überholspur kennen wir die Regel für die Zukunft längst. Sie lautet: Was digitalisierbar ist, wird auch digitalisiert. Auch deshalb werden die Aufgaben der Stadt und der Unternehmen in öffentlicher Hand von morgen noch vielfältiger sein als heute. Das macht viele Arbeitsfelder interessanter, weil der Kontakt zu Bürgern und Kunden direkter und häufiger sein wird als früher – aber es fordert auch die gesamte Belegschaft heraus. Ohne einen Lernprozess, der alle umfasst, werden wir nicht in dieser neuen Welt ankommen.

Das wird auch das betriebliche Lernen und die Personalentwicklung fordern. Zwar sind viele Institutionen ja auch heute schon mit einem gut bestückten Instrumentarium ausgestattet, aber Angebote, Inhalte und Formate in der Weiterbildung werden sich so ändern, wie sich das Taxigewerbe unter dem Druck von Uber und der Einzelhandel unter dem Einfluss von Amazon und Zalando verändert. Diese Kräfte wirken längst – stellen wir uns also den Veränderungen und nutzen sie als Chance.

Eine der Veränderungen betrifft die Art, wie wir in Zukunft lernen werden: Das Drei-drei-Format in der Weiterbildung verliert weiter an Gewicht: Mitarbeiter für drei Tage in einem Drei- Sterne-Hotel mit einem Training zu füttern, passt nur noch selten in die kurz getaktete Praxis der meisten Organisationen. Die Gegenbewegung, die in Zukunft auch in Ihrer Organisation weiter an Gewicht gewinnt: Trainings und Seminare ja – aber häufiger, kürzer, mit weniger Abwesenheit von der Arbeit, am besten direkt am Arbeitsplatz.

Das Wort vom Just-in-time-Lernen macht bereits die Runde. Tritt ein Lernbedarf auf, soll er idealerweise sofort befriedigt werden können – und nicht erst in drei Monaten, wenn das Thema wieder einmal im Rahmen eines Präsenzseminars in größerem Zusammenhang angeboten wird. Das klingt zwar nach Zukunftsmusik, aber ging es Ihnen nicht auch schon so: Wenn Zuhause ein Problem auftaucht, greifen wir zum Smartphone und fragen Google: Gibt es dazu einen Anleitungsfilm, der mir erklärt, wie ich es machen soll? Geräte reparieren, Kritikgespräche in der Familie führen, Schädlinge im Garten vertreiben – für all das gibt es längst Bibliotheken von Anleitungsfilmen.

Die Schweizer Großbank UBS zeigt, wie dieser im Alltag vieler Menschen bewährte Ansatz in die berufliche Praxis überführt wird. Die Bank hat für ihre Mitarbeiter eine virtuelle Schule eingerichtet. Im Intranet findet sich eine riesige Videothek mit Schulungsfilmen, kaum einer davon überschreitet das bevorzugte Youtube-Format: nicht länger als sechs Minuten!

Das Material ist selbst gebaut – das Prinzip lautet: Mitarbeiter erklären es Mitarbeitern. Viele haben eine Webcam an ihrem PC; wenn ein neues Thema im beruflichen Umfeld auftaucht, das zu lernen von allgemeinem Interesse ist, wird im Do-it-yourself- Verfahren ein Anleitungsfilm erstellt. Nähe zu den Kollegen und die richtige Fachlichkeit sind hier viel wichtiger als eine Studioaufnahme in Hollywood- Qualität. Die Angebote reichen von „Einstellungsinterviews richtig führen“ über „Das Jahresgespräch“ und „Wie budgetiere ich richtig?“ bis hin zu zahlreichen Bankfachthemen.

Die Nutzerzahlen solcher Angebote zeigen, wie viel Kraft im Just-in-time-Lernen steckt. Der Arbeitstag muss nicht mehr unterbrochen werden, das Talentmanagement via Weiterbildung im Häppchenformat ist ständig verfügbar, der Zugang zum Lernstoff ist denkbar unkompliziert. Dazu tragen auch jene Formate bei, die für jeden Berufstätigen frei zugänglich sind: Viele Anleitungsfilme zu beruflichen Themen finden wir inzwischen bei Google. Die Online-Lernplattformen von Udacity und der Khan Academy verbreiten immer mehr Lernmaterial auch in deutscher Sprache. Die englischsprachige Plattform TED.com hat sich inzwischen auf dem Weltmarkt als Lernanbieter etabliert – aus den Konferenzen der gleichnamigen Marke gelangen hier jeden Tag neue Lehrfilme ins Netz, die sehr gut gemacht sind, viele davon auch zu Inhalten der Berufstätigkeit. Das alles wird das Lernen der Zukunft prägen.

In der Summe bedeutet das: Talentmanagement via Weiterbildung steht vor einem großen Aufbruch. Hier winken durch orts- und zeitungebundenes Lernen mittels Digitalmedien einerseits und durch neue, interaktive und schnelle Formate im Offline- Lernen große Chancen.

Es ist die Aufgabe der Personalarbeit von morgen, diese mit Gewinn für alle Mitarbeiter zu erschließen.

Aus “13 Impulse für Ihre Personalarbeit” von Edmund Mastiaux


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