Schaut man sich die Historie des Employer Branding (dt „Arbeitgebermarke“) einmal genauer an, so bekommt man schnell den Eindruck, es handele sich um ein verstaubtes Konzept aus längst vergangenen Tagen. Tim Ambler und Simon Barrow, zwei britische Marketingexperten, waren es, die bereits 1996 den Begriff in ihrem Artikel „The Employer Brand“ im Journal of Brand Management erstmals erwähnten und Marketinginstrumente und Personalmanagement zusammendachten. Was beide Autoren zum damaligen Zeitpunkt bestimmt nicht ahnten, ist die zunehmende Relevanz, die die Employer Brand in den letzten Jahren erfahren hat.

I. Employer Branding – aktueller denn je

Im War of Talents spielt das Employer Branding vielleicht mehr denn je eine Schlüsselrolle bei der Gewinnung potenzieller Bewerber und der Bindung schon vorhandener Mitarbeiter. Die Realität sieht so aus: Soziale Medien beeinflussen nicht nur unser privates Leben, sondern prägen auch wesentlich unsere Sicht auf Beruf und Arbeitgeber. Die unzähligen Instagram-Stories und YouTube-Channels präsentieren uns fast täglich aufs Neue ein bestimmtes Bild von verschiedenen Unternehmen, die untereinander um die besten Arbeitnehmer konkurrieren. Mit regelmäßigen Kurzclips oder Posts versuchen sich nicht mehr nur große Konzerne als interessante Arbeitgeber auf dem Markt zu positionieren. Egal ob Mittelstand oder öffentliche Verwaltung, inzwischen scheint den Verantwortlichen deutlich geworden zu sein, dass man um das Thema Employer Branding nicht mehr herumkommt.

Nicht zuletzt prägen auch Arbeitgeber- und Image-Bewertungen auf Portalen wie Kununu.de unsere Wahrnehmung von Unternehmen. Immer häufiger suchen Bewerber vorab diese Portale auf, um sich ein Bild vom potenziellen Arbeitgeber zu machen. Spätestens hier wird deutlich, wie sehr sich ein Unternehmen um seine Mitarbeiter sorgt. Nicht selten erteilen unzufriedene Mitarbeiter ihrem (ehemaligen) Arbeitgeber hier einen Denkzettel.

II. Alle reden von der Employer Brand. Was ist gemeint?

Fragt man drei Personen, was sie unter Employer Branding verstehen, so bekommt man mit großer Wahrscheinlichkeit drei unterschiedliche Antworten, was wiederum die Frage aufwirft, ob hier über das gleiche Thema gesprochen wird. Eine schlichte Definition, die der Queb e.V. anbietet, verdeutlicht die essenziellen Punkte.

„Employer Branding hat zum Ziel, in den Wahrnehmungen zu einem Arbeitgeber eine unterscheidbare, authentische, glaubwürdige, konsistente und attraktive Arbeitgebermarke auszubilden, die positiv auf die Unternehmensmarke einzahlt.“

Diese Definition macht deutlich, dass es letztlich nicht nur um eine konsistente Arbeitgebermarke, sondern auch um ein Arbeitgeberimage geht. Employer Branding ist somit nicht einfach ein Bündel operativer Maßnahmen, die alle zur Attraktivität des Arbeitsgebers beitragen.

Alle Maßnahmen des Employer Brandings können wir auch als Personalmarketing bezeichnen. Das Personalmarketing hängt untrennbar mit dem Employer Branding zusammen. Letzteres aber ist stark strategisch ausgerichtet und setzt bei grundsätzlichen Überlegungen zur Arbeitsgebermarke an. Beim Employer Branding handelt es sich um einen langfristig und vielschichtig angelegten Prozess, der sich mit den wesentlichen Identitätsmerkmalen des Unternehmens auseinandersetzt.

1. Aktives Gestalten

Egal, ob man nun bewusst an seiner Marke als Arbeitgeber mit viel Engagement und Kreativität arbeitet oder dieses Thema bisher eher stiefmütterlich behandelt hat, überlassen Sie das Employer Branding nicht dem Zufall! Als Arbeitgeber geben Sie automatisch ein Bild von sich ab und werden so oder so bewertet. Umso wichtiger ist es, sich aktiv und strategisch mit der eigenen Arbeitgebermarke zu beschäftigen. Kleinere Unternehmen sollten sich von den Hochglanzbildern und Imagevideos globaler Dax-Konzerne oder von Unternehmen aus anderen Branchen nicht entmutigen lassen, im Rahmen ihrer vorhandenen Mittel und Ressourcen an ihrer Employer Brand zu arbeiten. So sind es doch gerade die kleinen Unternehmen, die mit kürzeren Entscheidungswegen und flacheren Hierarchien aufwarten können. Es braucht Mut, einen langen Atem und v. a. die richtige Strategie.

2. Wirkung einer starken Employer Brand

Employer Branding hat das Ziel, Bewerber wie auch die eigenen Mitarbeiter gleichermaßen anzusprechen und sie für das Unternehmen als Arbeitgeber (die Arbeitgebermarke) zu interessieren. Mitarbeitergewinnung und -bindung sind hier die zwei Schlüsselbegriffe. Am Ende eines solchen Prozesses – wenn man überhaupt von einem Ende sprechen kann – wirkt die Arbeitgebermarke intern wie extern. Mit Blick auf die interne Wirkung können Sie davon ausgehen, dass ein ernst gemeintes und authentisches Employer Branding bei Ihren Mitarbeitern dazu führen kann, sie enger an Ihr Unternehmen zu binden. Mitarbeiter, die wissen worauf sie sich bei ihrem Arbeitgeber verlassen können und worin er sich von anderen Unternehmen unterscheidet, zeigen sich ihrem Arbeitgeber gegenüber nicht nur loyaler, sondern identifizieren sich gegebenenfalls auch leichter mit den Werten und Zielen des Unternehmens. Nicht zuletzt verfolgt ein strategisches Employer Branding die Absicht, sich als ansprechender und interessanter Arbeitgeber auf dem Arbeitsmarkt darzustellen. Bei potenziellen Bewerbern soll so das Interesse für das Unternehmen als attraktiver und glaubwürdiger Arbeitgeber geweckt und über verschiedene Maßnahmen manifestiert werden. Die Employer Brand hilft Ihnen dabei, sich von anderen Wettbewerbern abzugrenzen und zielgruppenspezifisch auf die jeweilige Fokusgruppe zuzugehen.

III. Der Weg zur eigenen Employer Brand

Wer die Notwendigkeit eines Employer Branding erkennt, aber ohne Strategie an dieses Vorhaben geht, der wird recht schnell merken, dass seine Anstrengungen ins Leere laufen. Ideen und wohlgemeinte Vorhaben verpuffen und sorgen bei Personalern und Verantwortlichen für Enttäuschung und in den Reihen der eigenen Mitarbeiter für ein Schmunzeln. Die jährlichen Ausgaben für Maßnahmen des Employer Brandings steigen zwar kontinuierlich, doch nicht selten ist der anfängliche Pioniergeist verflogen, wenn das Imagevideo erstmal gedreht ist und die Bewerber dennoch auf sich warten lassen. Die Gründe: zu wenig Zeit, kein oder ein falscher Fokus und eine mangelnde Strategie. Die folgenden Schritte sollen Ihnen und Ihren Verantwortlichen eine erste Orientierung im bunten Durcheinander von Employer Branding, Personalmarketing und Recruiting geben.

1. Schritt: Umfeld- und IST-Analyse

Bevor Sie und Ihre Mitstreiter sich konkrete Ideen zu einer Arbeitgebermarke machen, sich um einen Slogan mühen oder gar schon erste Maßnahmen verabschieden, sollten Sie ehrlich auf Ihre jetzige Situation als Arbeitgeber blicken. Richten Sie den Blick dabei zunächst auf Ihr eigenes Unternehmen. Recherchieren Sie Bewertungen und Kommentare über Ihr Unternehmen, sofern Sie diese noch nicht kennen. Nutzen Sie auch Ihre eigenen Mitarbeiter als wichtige Quelle.

Schauen Sie auch auf Ihre Mitbewerber am Markt. Vielleicht gibt es Unternehmen, von denen Sie sich das ein oder andere noch abschauen können. Bitte übertragen Sie aber nicht einfach Ideen 1:1 auf Ihr Unternehmen. Es kann auch sein, dass Sie Beispiele entdecken, die Sie motivieren, es gerade anders zu machen. Riskieren Sie ruhig auch mal einen Blick auf andere Branchen.

2. Schritt: Was Sie ausmacht!

Viele Unternehmen meinen, dass sie durch ein eigenes Leitbild schon längst wüssten, was sie als Arbeitgeber auszeichnet. Doch nicht jedes Unternehmen hat ein Leitbild und wenn, dann fristet dieses nicht selten ein Dasein in Hochglanzbroschüren und ist oftmals austauschbar. Scheinbar haben alle eine wertschätzende Kultur, sehen in ihren Mitarbeitern ein wichtiges Gut, das es zu fördern gilt, werden Aufstiegsmöglichkeiten geboten usw. Diese Faktoren sind wichtig. Sie sollten aber selbstverständlich sein.

Die Employer Brand setzt tiefer an. Sie fragt nach dem Grundsätzlichen des Unternehmens als Arbeitgeber und findet ihren Ausgangspunkt in der Organisationskultur. Richten Sie Ihren Blick auf folgende Fragen, um Ihr Arbeitgeberprofil zu schärfen.

Dies sind nur einige der möglichen Fragen, an deren Beantwortung Ihnen deutlich werden sollte, was der Kern Ihrer Arbeitgebermarke ist. Vielleicht kommen Sie ja auch zu der Erkenntnis, dass manch formulierter Leitsatz aus dem Unternehmensprofil doch nicht so eindeutig und selbstverständlich ist.

Beherzigen Sie dabei immer das Prinzip der Glaubwürdigkeit. Bewerber und Mitarbeiter werden Sie schnell daran messen, ob Ihre Employer Brand auch mit der Realität übereinstimmt. Versprechen Sie als Arbeitgeber also nichts, was Sie nicht auch einhalten können.

3. Schritt: Employer Value Proposition

Nach diesen so wichtigen, grundlegenden Überlegungen geht es darum, Ihre Employer Value Proposition zu definieren. Mit Ihr drücken Sie die Kerneigenschaften Ihrer Arbeitgebermarke aus und formulieren zugleich Ihre Erwartungen aber auch Angebote (Leistungsversprechen) an mögliche Bewerber und das eigene Personal. Die Employer Value Proposition bezeichnet letztlich auch den Wert, den Sie als Arbeitgeber für Ihre (potenziellen) Mitarbeiter haben. Mit ihr lässt sich die Frage beantworten, „Was bietet mir dieser Arbeitgeber, das andere mir nicht geben können?“ Dabei schauen Bewerber nicht mehr nur allein auf das Gehalt. Vielmehr sind es immer mehrere Angebote und Rahmenbedingungen, von denen sich Bewerber und Mitarbeiter angesprochen fühlen. Die Herausforderung bei der Formulierung besteht darin, nicht mit den allseits bekannten und allgemein daher gesagten Versprechen wie „attraktive Aufstiegs- und Karrierechancen“, „leistungsgerechte Vergütung“ zu werben. Diese machen Ihre Arbeitgebermarke nicht besonders, weil sie als Rahmenbedingungen als selbstverständlich vorausgesetzt werden. Um konkreter werden zu können hilft es, Ihre Zielgruppe genauer zu kennen.

Wenn Sie in erster Linie junge Absolventen (Generation Z) ansprechen wollen, so können Sie davon ausgehen, dass diese andere Erwartungen an Ihren zukünftigen Arbeitgeber stellen, als Ihre Mitarbeiter der Generation Babyboomer. Hier ist Mut zur Differenzierung gefragt.

Seien Sie aber auch bei der Formulierung Ihrer Employer Value Proposition mutig, indem Sie z. B. im Rahmen von Workshops verschiedene Mitarbeiter in diesen Prozess aktiv mit einbinden. Dies kann später zu einer höheren Identifikation der Beteiligten mit der eigenen Employer Brand führen.

4. Schritt: Konkrete Maßnahmen

Wenn Sie nicht schon vorher über Ideen zur Umsetzung gesprochen haben, so sollten Sie sich spätestens jetzt über konkrete Maßnahmen Gedanken machen. Bei diesem Schritt handelt es sich sozusagen um die operative Umsetzung Ihrer Employer Brand. Wie sprechen auch vom Personalmarketing. Es gibt unzählige Maßnahmen, diese werden letztlich nur vom Ende Ihres Ideenreichtums und den vorhandenen Ressourcen begrenzt.

Erzählen Sie Bewerbern von Ihrer starken Arbeitgebermarke und Ihren attraktiven Angeboten, die Sie von anderen Mitbewerbern unterscheidet. Lassen Sie Ihre Employer Brand erlebbar und greifbar werden. Je authentischer, desto besser. Sie können z. B. eigene Mitarbeiter als Testimonials sprechen lassen. Gewähren Sie jungen Absolventen doch mal einen Einblick in Ihren Arbeitsalltag und lassen sie mit Hilfe von Virtual Reality buchstäblich über Ihre Schulter blicken. Suchen Sie über die sozialen Medien auch den persönlichen Kontakt zu Interessierten. Das nimmt Bewerbern die Hürde, mit Ihrem Unternehmen Kontakt aufzunehmen und sich beispielsweise unverbindlich auszutauschen. Stellen Sie Ihre Maßnahmen nach einer gewissen Zeit immer mal auch auf den kritischen Prüfstand. Nicht alles was erfolgsversprechend lief hält auf Dauer.

IV. Fazit

Employer Branding ist kein Hexenwerk, sollte von den Verantwortlichen aber mit der notwendigen Ernsthaftigkeit und Tiefe betrieben werden, um zu echten Alleinstellungsmerkmalen zu kommen. Neben den notwendigen Ressourcen braucht es auch eine gewisse Portion Experimentierfreude bei der Umsetzung der Maßnahmen und der Kommunikation Ihrer Employer Brand. Letztlich müssen Sie Dinge wagen und ausprobieren, und dabei das nötige Durchhaltevermögen beweisen. Ihrer Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.

Artikel erschienen in der Zeitschrift für Betrieb und Personal, Stollfuß Medien


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