Erschienen in: Innovative Verwaltung 04/2024
Autoren: Julia Schwick & Edmund Mastiaux

Zum Umgang mit den unterschiedlichen Generationen im Arbeitskontext gibt es etliche Meinungen und Managementratgeber. Empirische Evidenzen zu diesem Thema sind bislang allerdings rar.

Wie leicht fällt der Umgang mit neuen Technologien, was wird hinsichtlich der Zusammenarbeit im Team präferiert und welche Erwartungen bestehen an den Arbeitgeber: Es gibt kaum eine Frage, für die in Artikeln, Talkshows und auf Social Media die Unterschiede zwischen Generationen nicht betont werden. Besonders häufig ist das Phänomen zu betrachten, dass die vermeintlich pflichtbewusstere und „arbeitswütige“ Generation der Baby Boomer der als bequem und fordernd beschriebenen Gen Z gegenübergestellt wird.

Empirische Evidenzen für die postulierten Generationenunterschiede gibt es allerdings wenige. Im Gegenteil, eine Meta-Analyse (Costanza et al., 2012) fand keine systematischen Unterschiede in Hinblick auf Arbeitszufriedenheit, Commitment und Wechselabsichten bei Vertreterinnen und Vertretern der verschiedenen Generationen.

Wandel der Arbeitswelt basiert eher auf gesamtgesellschaftlichen Veränderungen

Das bedeutet natürlich nicht, dass die Arbeitswelt keinem Wandel unterliegt. Forschungsergebnisse deuten aber darauf hin, dass eher gesamtgesellschaftliche Einstellungsveränderungen in den Blick genommen werden sollten, anstatt den Wandel an unterschiedlichen Generationen fest zu machen.

In eine ähnliche Richtung geht die Untersuchung des Soziologen Martin Schröder (2018). Er analysierte die Einstellungen über mehrere Generationen hinweg jeweils im Alter von 18 bis 25 Jahren. Schröder stellte fest, dass die Generationen sich in Bezug auf ihre Einstellungen zu Lebenszielen, Sorgen sowie gesellschaftlichem und politischem Engagement kaum unterscheiden.

Auch aus unserer Praxiserfahrung in der Personalberatung lassen sich Trends wie Work-Life-Separation, Homeoffice und abnehmendes Interesse an der Übernahme einer Führungsposition nicht auf die Generationen Y oder Z herunterbrechen. Diese Entwicklungen sind bei Baby Boomern und der Generation X ebenfalls erkennbar. Vielleicht wären auch vorherige Generationen als die aktuell jungen „bequemer und fordernder“ aufgetreten, wenn sie sich auf dem Arbeitnehmermarkt von 2024 bewegt hätten.

Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger in Verwaltungen tun also gut daran, den Einfluss von Generationseffekten nicht zu überschätzen. Denn dies produziert im Zweifel nur Stereotype. Zudem wird es den individuellen Fähigkeits- und Persönlichkeitsprofilen der (potenziellen) Mitarbeitenden nicht gerecht.

Viel zielführender ist es, sich mit den unterschiedlichen Lebensabschnitten und den daraus resultierenden Anforderungen der Mitarbeitenden auseinanderzusetzen. Auch der Aspekt der Generativität, das heißt der Anspruch erfahrener Mitarbeitender, etwas Positives an jüngere Kolleginnen und Kollegen weiterzugeben, könnte stärker in den Blick genommen werden, um eine integrative und erfolgreiche Arbeitskultur zu gestalten.

Literatur

Costanza, D.P., et al. (2012): Generational Differences in Work-Related Attitudes: A Meta-analysis, J Bus Psychol 27.

Rudolph, C.W., et al. (2021): Generations and Generational Differences: Debunking Myths in Organizational Science and Practice and Paving New Paths Forward, J Bus Psychol 36.

Schröder, M. (2018): Der Generationenmythos.


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