Fachkräfte fehlen überall. Neue Mitarbeitende zu finden und gute zu halten, ist gleichermaßen schwierig. Es liegt in der Verantwortung von Führungskräften, die Arbeitsatmosphäre ihrer Teammitglieder so zu gestalten, dass sie gern zur Arbeit kommen und nicht an einen Wechsel denken.

Führungsstil muss passen

Sie können in einer traditionsbewussten und distanziert-höflichen Umgebung nicht plötzlich einen lockeren, vertraulichen Führungsstil an den Tag legen – das wirkt unecht und würde von den Kolleginnen und Kollegen nicht gut aufgenommen. Achten Sie darauf, dass Ihr Führungsstil zur Kultur und den Werten der Verwaltung oder des Unternehmens passt. Innerhalb dieses Rahmens können Sie noch immer vieles richtig und falsch machen, wie unsere Beispiele Ihnen zeigen.

Szenario: Es gibt zu viel zu tun

Der Tag hat einfach nicht genügend Stunden! Eigentlich müssten Sie dringend Mails checken, das Meeting zieht sich und danach will die neue Kollegin (wie heißt sie noch?) ein Gespräch mit Ihnen.

Don’ts
Sie zücken schnell das Handy und gucken, ob die wichtige Mail da ist. Die anderen wissen ja, wie dringend hier einige Aufgaben sind. Wenn der Kollege, der gerade redet, nicht in fünf Minuten fertig ist, brechen Sie ab – es sind eh schon alle unaufmerksam. Die neue Kollegin (wie heißt sie noch?) vertrösten Sie auf nächste Woche.

Dos
Sie prüfen die Mails nicht, weil Sie wissen, dass die anderen Teammitglieder sich an Ihrem Verhalten ein schlechtes Beispiel nehmen würden. Der Vorgang würde zeigen, dass Sie die sprechende Person nicht respektieren. Daher wäre es auch kein Wunder, wenn alle sich Unaufmerksamkeit leisteten: Offensichtlich wäre das ja in Ordnung, da Sie das auch täten.
Lässt es sich gar nicht vermeiden, dass Sie einen Blick in die Mails werfen, kündigen Sie das im Vorfeld an. Erklären Sie, dass es sich um eine zeitsensible Aufgabe handelt und dass Sie selbstredend weiterhin zuhören. Vermeiden Sie nach Möglichkeit den Abbruch eines Wortbeitrags im Meeting. Neigt jemand aus dem Team bekanntermaßen zu Langatmigkeit, beschränken Sie grundsätzlich für alle die Beiträge auf ein bestimmtes Zeitfenster. So fassen alle Beteiligten sich kurz und Langeweile und Unruhe bleiben aus.
Die neue Kollegin bitten Sie, fünf Minuten nach Meetingende zum Gespräch zu Ihnen zu kommen. Das lässt Ihnen Zeit, kurz Ihre Notizen zu ordnen und ihren Namen nachzuschlagen. Haben Sie wenig Zeit, sagen Sie das direkt zu Gesprächsbeginn und stellen Sie bei Bedarf einen weiteren, zeitnahen Termin in Aussicht. Grundsätzlich ist es gerade für neue Mitarbeitende sehr wichtig, dass Sie sie und ihre Anliegen ernst nehmen. Andernfalls fühlen sie sich schnell verloren: Das Onboarding misslingt und beim ersten spannenden Jobangebot reicht die Person ihre Kündigung ein.

Szenario: Eine bunte Mischung

Im Team arbeiten Personen zusammen, die verschiedenen Alters, verschiedener Herkunft, unterschiedlichen Geschlechts und in ganz verschiedenen Lebenssituationen sind.

Don’ts
Im Team sind alle gleich! Was die Älteren an Erfahrung voraushaben, machen die Jüngeren durch Energie und Lerneifer wett. Die Unternehmensziele sind bekannt und Sie erwarten, dass alle das Ihre zum Erreichen beisteuern – gerechnet nach Vollzeit- und Teilzeitkräften, versteht sich.

Dos
Sie richten den Blick auf das Individuum mit den jeweiligen Talenten, Fähigkeiten, Stärken und Schwächen. Grundsätzlich berücksichtigen Sie dabei, dass:

Achten Sie aufmerksam darauf, was für einen Eindruck Ihre Mitarbeitenden machen und ob sie etwas zu bedrücken scheint. In letzterem Fall bieten Sie Hilfe an, am besten unter vier Augen. Die Lebenssituationen von Menschen ändern sich im Laufe der Jahre.
Beispiel: Jemand aus Ihrem Team hat einen Verlust erlitten, etwa durch eine Trennung oder einen Todesfall. Sie können nicht erwarten, dass die Person ungebrochen 100 Prozent gibt, nur weil das die letzten zehn Jahre der Fall war.

Szenario: Ein Fehler bringt alles durcheinander

Katastrophe! Jemand aus dem Team hat sich einen dicken Patzer erlaubt, der Fehler ist viel zu lange nicht aufgefallen und die Schadenbegrenzung wird lange dauern und kostenintensiv sein.

Don’ts
Sie gehen jetzt sofort rüber ins Gemeinschaftsbüro und falten die Person gründlich zusammen. Wie stehen Sie denn vor der Chefetage da, wenn in Ihrem Team so ein Fehler passiert?

Dos
Sie rufen die Person zu einem Zweiergespräch in ein Büro und schließen die Tür. Das schlechte Gefühl wegen des Fehlers wird schon schwer genug wiegen – da ist die zusätzliche Demütigung durch eine öffentliche Rüge vor den Kolleginnen und Kollegen unnötig. Bleiben Sie ruhig, legen Sie den Fehler dar und versuchen Sie herauszufinden, wie es dazu kommen konnte. Möglicherweise ist die oder der Mitarbeitende mit den Aufgaben fachlich überfordert, vielleicht gibt es persönliche Probleme, die die Konzentration beeinträchtigen.

Szenario: Späte Ideenfindung

Sie haben lange über einem Problem gebrütet und jetzt die Lösung gefunden – Samstag gegen Mitternacht. Welche Teammitglieder sich ideal für die Durchführung eignen, liegt auf der Hand.

Dont’s
Es ist zwar Wochenende, aber Sie schreiben den betreffenden Mitarbeitenden schnell eine Mail oder besser noch eine Message. Dann können die sich bis Montag schonmal Gedanken machen und das Meeting läuft viel schneller ab, als wenn Sie dann erst alles erklären.

Dos
Sie notieren Ihre Gedanken genau, damit Sie sie nicht vergessen, denn Sie werden sie erst am Montagmorgen zu Bürozeiten an Ihre Mitarbeitenden senden. Dass Sie die Trennung von Arbeit und Privatleben bzw. Arbeitszeit und Freizeit strikt einhalten, ist absolut essenziell: Ihr Team muss wissen, wann es sich erholen kann und nicht an die Arbeit denken muss.
Tipp: Auch wenn Ihre Mitarbeitenden die Mail erst am Montag lesen müssten: Sie wissen nicht, wer welche Art von Benachrichtigung eingestellt hat. Schreiben Sie also wirklich nicht vor Wochenbeginn.

Szenario: Mitarbeitendengespräche

Es ist Zeit für die regelmäßig stattfindenden Mitarbeitendengespräche, für Feedback, Austausch, Anregungen und Zielsetzungen.

Don‘ts
Am liebsten würden Sie diesmal alles absagen, das raubt nur Zeit. Sie machen sich schnell Notizen – der eine Kollege hat neulich in der Performance ein bisschen geschwächelt, das muss aufhören. Eigentlich sollte es schon losgehen, aber ohne Kaffee überstehen Sie das nicht. Die paar Minuten werden schon nichts ausmachen.

Dos
Sie sind die ganze Zeit im Arbeitsalltag aufmerksam und notieren sich, was Ihnen auffällt – Positives wie Negatives. Seien Sie pünktlich, loben Sie, was es zu loben gibt, und äußern Sie auch Kritik nicht respektlos oder von oben herab. So schaffen Sie eine Atmosphäre der Wertschätzung, in der Mitarbeitende sich öffnen und eigene Gedanken aussprechen können.
Tipp: Achten Sie beim Zuhören nicht nur auf den Inhalt, sondern auch auf die Stimmung der sprechenden Person: Wie steht sie zum Thema, ist es ihr wichtig, treibt es sie um?

Fazit: Seien Sie die Führungskraft, die Sie selbst gern hätten

Es liegt in der Macht von Führungskräften wie Ihnen, für die Teams eine Atmosphäre zu schaffen, in der sie gern arbeiten. Hier sehen Sie noch einmal im Überblick, was eine gute Führungskraft ausmacht:

Dem ganzen Team gerecht zu werden und gleichzeitig die Ziele und Vorgaben der Arbeitgeberin bzw. des Arbeitgebers einzuhalten, ist ein permanenter Balanceakt. Meistern Sie ihn, werden Sie entscheidend dazu beitragen, dass erfahrene Mitarbeitende nicht an eine Kündigung denken und frische neue Kräfte gern die Arbeit aufnehmen.


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