Integrativ, wenig hierarchisch, bedacht auf Chancengleichheit – das wird der Female Leadership nachgesagt, im Gegensatz zur Male Leadership, die sich auf kühle Analyse, Durchsetzungsfähigkeit und Rationalität stützt. Soweit das Klischee. Was davon ist wahr?

Nach wie vor weniger Frauen in Führungspositionen

Zum Weltfrauentag am 8. März 2024 lag der Anteil der Frauen in Führungspositionen in deutschen Unternehmen bei 24,1 Prozent (laut veröffentlichte Auswertung des Informationsdienstleisters CRIF). Vor allem in kleinen Unternehmen gibt es häufiger Chefinnen; ihre Zahl wird geringer, je größer die Unternehmen sind. Die oberen Bundesbehörden sind hier bereits einen Schritt weiter: Der Anteil der weiblichen Führungskräfte beträgt hier 43 Prozent (Quelle).

In öffentlichen Unternehmen kann zwar ein leichter Anstieg von Frauen in Top-Managementfunktionen verzeichnet werden (so die von zfm geförderte Studie Repräsentation von Frauen in Top-Management-Organen öffentlicher Unternehmen: Ein deutschlandweiter Städtevergleich der Zeppelin Universität (ZU) in Friedrichshafen); Mit Blick auf die politischen Ziele, die gesellschaftliche Relevanz und die Vorbildfunktion des öffentlichen Sektors dokumentiert die FIT-Public Management-Studie 2023 jedoch weiterhin einen großen Handlungsbedarf für Entscheidungsträger:innen aus Politik, Verwaltung und öffentlichen Unternehmen.

Denn dieses Ungleichgewicht besteht weiterhin, obwohl verschiedene Studien die positiven Auswirkungen von weiblichen Führungskräften auf Unternehmen nachgewiesen haben. Die Gründe dafür sind vielfältig und reichen von ungerecht verteilter Care-Arbeit über zu wenige Angebote für Teilzeitkräfte bis hin zu tief verwurzelten Vorurteilen bei Mitarbeitenden gegenüber weiblichen Führungskräften.

Was soll Female Leadership ausmachen?

Die Vorteile von Frauen in Führungspositionen sollen vielfältig sein. Frauen:

So weit die Stereotype. Im individuellen Fall kann das vollkommen anders aussehen, da diese Punkte stark von der Persönlichkeit abhängen. Nicht alle Frauen sind empathisch, nicht alle Frauen empfinden hierarchische Strukturen als negativ (Queen Victoria etwa nannte die Idee von Frauenrechten „verrückt und idiotisch“).

Transformationaler Führungsstil und Generation Z

Die Attribute, die der Female Leadership zugerechnet werden, gehören überwiegend zum transformationalen Führungsstil. Die wichtigsten Punkte hier sind, dass die Führungskräfte individuelle Unterstützung bieten, als gute Vorbilder fungieren, motivieren und intellektuell anregen. Das alles gelingt eher mit den oben genannten Verhaltensweisen als mit einem direktiven Führungsstil, der überwiegend mittels Befehlen funktioniert und andere Meinungen nicht berücksichtigt.

Der transformationale Führungsstil ist derjenige, mit denen die meisten Angehörigen der Generation Z am besten umgehen können (auch hier bestätigen Ausnahmen natürlich die Regel). Viele junge Fachkräfte geben an, dass es ihnen bei Führungskräften wichtig ist, dass sie die Mitarbeitenden wahr- und ernst nehmen. Wichtig ist auch die Berücksichtigung von Familienzeit und Freizeit, also dass die Führungskräfte auch in Zeiten dauernder Erreichbarkeit darauf achten, dass die Angestellten ihre Auszeiten bekommen.

Gute Führung ist nicht geschlechtsabhängig

Trifft mit der Female Leadership einfach das passende Angebot zur richtigen Zeit auf die neueste Nachfrage? Hier ja zu sagen, wäre verkürzt: Je nach Typ, Ausbildung und Unternehmen bzw. Behörde können Männer ebenfalls einen transformationalen Führungsstil pflegen. Gleichzeitig gibt es Frauen, deren Charakter dem eher entgegensteht.

Es gibt das Argument, dass Frauen der transformationale Führungsstil leichter fiele, und zwar aus zwei Gründen:

  1. Ihre Sozialisation und ihre Erfahrungen in Familie, Gesellschaft und Arbeitswelt befähigen sie (wie oben gezeigt) zu einem anderen Blick auf die Mitarbeitenden als ihre männlichen Kollegen.
  2. Männern in Führungspositionen wird häufig eine gewisse Ellenbogenmentalität nachgesagt und ein hierarchisches Denken, das über Jahrzehnte der sorgfältigen, männerdominierten Kontaktpflege gewachsen ist – Standpunkte, die dem Interagieren auf Augenhöhe entgegenstehen.

Auch dies sind wiederum Stereotype. Ebenso wenig, wie jede Frau empathisch und gegen Hierarchien ist, ist jeder Mann autoritär und kühl kalkulierend. Da sich mehr und mehr zeigt, dass Unternehmen wie auch Behörden durch einen moderneren Führungsstil für potenzielle neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter attraktiver werden, wandeln sich auch die Ansprüche an die Führungskräfte: Fachkräftemangel ist überall ein Problem und Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber können es sich nicht leisten, guten Nachwuchs an die Konkurrenz zu verlieren.

Das bedeutet, dass diejenigen Führungskräfte, die einen modernen (wie etwa den transformationalen) Führungsstil pflegen, begehrter sind. Das entsprechende Verhalten lässt sich trainieren, von Männern ebenso wie von Frauen. Entsprechend sollte das Geschlecht bei der Suche nach passenden Führungskräften nicht ganz oben auf der Liste der wichtigsten Punkte stehen: Es kommt darauf an, dass Qualifikationen und Persönlichkeit passen. Insgesamt profitiert aber jedes Unternehmen und jede Behörde von einer möglichst diversen Führungsriege.


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