Resilienz ist eine Geheimwaffe, die Rettung im Alltag verspricht: Die Planung ist ausgefeilt, doch dann kommt wieder alles anders. Mitarbeitende werden krank, ein komplizierter IT-Fehler tritt auf, und schon löst sich der Plan in Chaos auf. Manche Menschen reagieren in einem solchen Fall mit Verzweiflung, andere machen sich mit einem Achselzucken und einem Lächeln daran, den besten Workaround zu finden. Sie sind resilienter als die erste Gruppe. Aber was hat es damit auf sich, und kann man das lernen?
Was ist das eigentlich – Resilienz?
Der lateinische Begriff „resilire“ (für zurückspringen oder abprallen) wurde zunächst in der Physik genutzt, um die Eigenschaften elastischer Werkstoffe zu beschreiben, die nach Einwirkung von außen wieder ihre ursprüngliche Form annehmen: Sie verändern sich unter Druck nicht nachhaltig, sondern kehren zu ihrer eigenen Gestalt zurück.
Diese Fähigkeit wurde auf die menschliche Psyche übertragen: Resiliente Menschen können Druck gut standhalten, meistern belastende Situationen weitgehend unbeeindruckt und reagieren flexibel auf Unvorhergesehenes, ohne in Stress zu geraten. Deshalb ist Resilienz gerade für Führungskräfte eine wichtige Kompetenz.
Darum ist Resilienz für Führungskräfte besonders wichtig
Als Führungskraft übernehmen Sie Verantwortung für ein Team. Dies besteht aus Menschen, die sich in Alter, Ansichten, Arbeitsweise, Belastbarkeit, Gesundheit und Charakter unterscheiden. Alle diese Eigenschaften haben einen Einfluss auf die alltägliche Arbeit. Auch das Miteinander im Team bestimmt über die Atmosphäre.
Als Führungskraft müssen Sie zwar planen, aber immer auch davon ausgehen, dass nicht alles so läuft wie Sie es gern hätten. Sie müssen private Vorlieben und Abneigungen hintanstellen und jedes einzelne Mitglied Ihres Teams individuell sehen und ihnen allen offen begegnen. Es kann Konflikte geben, persönliche Probleme, die sich auf die Arbeit auswirken, und Fehler, die alles umwerfen.
Wie Sie mit diesen unvorhergesehenen Situationen umgehen, hat nicht nur einen Einfluss auf die aktuelle Aufgabe: Ihre Mitarbeitenden beobachten, wie Sie reagieren, und nehmen sich oft ein Beispiel. Nehmen Sie die Situation, wie sie ist, und suchen Sie nach einem positiven Weg zur Auflösung, bleiben die Teammitglieder ebenfalls ruhig und besonnen. Rasten Sie aus, gibt es auch für sie keinen Grund, sich zusammenzureißen.
Resilienz ist für Sie als Führungskraft also wichtig für Ihre eigene psychische Gesundheit, für die Arbeit selbst und für das Verhalten und Wohlbefinden Ihrer Teammitglieder.
Resilienz kann man lernen
Einige Menschen sind von Natur aus optimistisch und sehen in jeder Situation den Silberstreif am Horizont. Doch auch diejenigen, denen der positive Blick eigentlich fehlt, können Resilienz erlernen. Es gibt Schulungen und Coachings in diesem Bereich, die sich explizit an Führungskräfte richten. Hier sind ein paar grundsätzliche Tipps, an die Sie sich im Alltag halten können.
Akzeptanz statt Hadern
Sie erhalten eine schlechte Nachricht von Externen, mit denen Sie zusammenarbeiten, oder jemand aus dem Team beichtet einen Fehler – was es auch ist, Ihr bisheriger Plan wird sich nicht mehr einhalten lassen. Statt in dieser Situation Schuldzuweisungen zu machen oder sich in „wenn doch nur“-Gedanken zu ergehen, sollten Sie die neue Realität als Erstes akzeptieren: Das ist jetzt so. Jeder weitere müßige Gedanke über das Warum ist zunächst Energieverschwendung – Sie können später darauf zurückkommen.
Stattdessen sollten Sie sich sofort und lösungsorientiert darauf fokussieren, was nun zu tun ist:
- Gibt es Wege zur Schadensbegrenzung?
- Kommen Sie mit einer Umverteilung der Aufgaben weiter?
- Können Sie Ressourcen mobilisieren, die die Erreichung Ihres Ziels ermöglichen?
- Wem müssen Sie Bescheid geben?
Beziehen Sie das Team in Ihre Überlegungen mit ein: Vielleicht hat eine der Personen, die am Projekt beteiligt sind, eine gute Idee.
Gibt es keinen rettenden Plan, gehen Sie in kleinen Schritten vor: Ein bisschen Fortschritt ist immer besser als Verharren im Stillstand. Das verleitet nämlich wieder zum Hadern. Und sich mit dem ganzen Team aus einer schwierigen Situation herauszuarbeiten, kann ebenfalls verbindend wirken – wenn Sie die entsprechende Stimmung vorgeben.
Aktivität statt Passivität
Erfolgreiche Führungskräfte agieren, statt nur zu reagieren. Die Fähigkeit zur raschen, entschlossenen Reaktion auf neue Situationen und Komplikationen ist zwar wichtig, aber wenn Sie sich darauf beschränken, haben Sie immer wieder das Gefühl, von den Ereignissen überrollt zu werden. Wichtig ist daher, dass Sie das Heft in die Hand nehmen:
- Erstellen Sie Pläne, wobei Sie Eventualitäten einbeziehen und Puffer einplanen. Idealerweise haben Sie für jeden Plan auch einen Plan B, den Sie nötigenfalls sofort umsetzen können, ohne ihn erst unter Druck austüfteln zu müssen.
- Erstellen Sie eine nach Datum sortierte Liste mit allen künftig anstehenden Entscheidungen. Erstens rutscht Ihnen so nichts durch und zweitens können Sie sie selbstständig abarbeiten. Idealerweise entscheiden Sie nicht erst, wenn es nötig ist, sondern regelmäßig – etwa eine Entscheidung pro Tag. So haben Sie das Gefühl von Kontrolle und Voraussicht.
- Bemerken Sie Konflikte im Team, gehen Sie sie aktiv an. Die meisten Konflikte erledigen sich nicht von allein, sondern gären im Verborgenen und kochen irgendwann hoch. Statt diesen Moment abzuwarten und dann die Scherben wegzuräumen, sollten Sie mit den entsprechenden Parteien reden und eine Lösung zu finden versuchen.
Wenn Sie Kommendes im Blick haben und es aktiv bearbeiten, werden Sie selten eiskalt von Entwicklungen überrascht. Sie halten die Fäden in der Hand und wissen, was zu tun ist. Dieses Gefühl lässt Sie ruhig schlafen.
Fruchtbare Fehlerkultur ermöglichen
Falls jemand einen Fehler gemacht hat, kommen Sie nach der Lösung des Problems darauf zurück – aber nicht für Vorwürfe, sondern um den Grund dafür herauszufinden und ihn nach Möglichkeit abzuschaffen. Durch eine gute Fehlerkultur stärken Sie das Vertrauen und das Selbstvertrauen Ihrer Mitarbeitenden und verhindern, dass Fehler aus Angst vor Strafen verheimlicht werden, bis die Folgen unüberschaubar sind.
Eine gute Fehlerkultur bedeutet auch, dass Sie in Betracht ziehen, selbst Fehler zu machen. Ermutigen Sie die Mitglieder Ihres Teams, ihre Meinung zu sagen und Sie darauf hinzuweisen, wenn ihrer Ansicht nach etwas schiefläuft: Ihre Mitarbeitenden stecken in den Aufgaben und spüren die Stimmung im Team unmittelbarer als Sie selbst – profitieren Sie von diesen Einblicken!
Ihre Mitarbeitenden werden aber nur dann offen mit Ihnen reden, wenn Sie verständnisvoll und aufnahmebereit sind. Schaffen Sie einen vertrauensvollen Umgang, kann das Team viel offener und kreativer Arbeiten. Fehler verlieren ihren Schrecken. Gleichzeitig stärken Sie die Bindung Ihrer Mitarbeitenden an den Arbeitgeber.
Tipp: Regelmäßige Mitarbeitendengespräche sorgen dafür, dass Sie auf dem Laufenden bleiben und sich nichts anstaut!
Selbstfürsorge und Vernetzung
Achten Sie nicht nur auf Ihr Team, sondern auch darauf, dass es Ihnen selbst gut geht. Wenn Sie sich komplett für andere aufopfern, bleiben Sie auf der Strecke. Damit Sie sich physisch wohlfühlen, sind gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung und erholsamer Schlaf wichtig. Da Ihre physische Beschaffenheit einen direkten Einfluss auf ihr psychisches Wohlbefinden hat, dürfen Sie diesen Punkt nicht vernachlässigen.
Doch auch Ihr Geist will entlastet werden. Dabei können verschiedene Dinge helfen:
- Leiden Sie unter Stress, kann autogenes Training Sie entspannen. Da die leicht erlernbare Form der Selbstsuggestion nachweislich gegen Stresssymptome hilft, übernehmen in vielen Fällen die Krankenkassen die Kosten für einen Kurs (Sie finden aber auch online leicht verständliche Anleitungen).
- Tun Sie an jedem Tag mindestens eine Sache, die Ihnen Freude bereitet – es sollte kein Tag vergehen, an dem Sie nicht einmal Spaß, Glück oder Zufriedenheit gefühlt haben.
- Pflegen Sie Ihr soziales Netz. Haben Sie mindestens eine vertraute Person, mit der Sie über Dinge sprechen können, die Sie belasten, hilft das bereits immens weiter: In solchen Gesprächen werden Perspektivwechsel möglich. Oft rückt schon das Aussprechen das Problem ins richtige Verhältnis.
Auch bei der Arbeit sollten Sie sich ins Gedächtnis rufen, dass Sie nicht allein sind: Holen Sie Ihre Mitarbeitenden mit ins Boot, wenn Neuerungen und Entscheidungen anstehen. Diskutieren Sie, bitten Sie um Feedback. So stellen Sie sicher, dass Sie nichts Wichtiges übersehen, und können die Entscheidungen ruhigen Gewissens treffen.
Führungskräfte sind Vorbilder – auch in Sachen Resilienz
Wenn Sie es schaffen, Resilienz aufzubauen und zu leben, nehmen Ihre Teammitglieder sich ein Beispiel an Ihnen. Sie sehen in Problemen keine Katastrophen, sondern überlegen, wie sie sich lösen lassen. Mit Fehlern kommen sie vertrauensvoll zu Ihnen. An Ihrem Beispiel lernen sie, dass sie auf ihre Leistungsgrenzen achten und respektvoll untereinander kommunizieren sollten.
Mit Ausgeglichenheit, Optimismus und lösungsorientierten Ansätzen schaffen Sie ein Arbeitsumfeld, in dem das Team konstruktiv und angstfrei mit Fehlern umgehen kann. Außergewöhnliche Situationen meistern Sie mit einer solchen Gruppe ohne Verzweiflung, während die gegenseitige Wertschätzung erhalten bleibt – und Ihre psychische Gesundheit auch.
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