Autorin: Gianna Forcella, zfm-Beraterin

Hybride Arbeitsmodelle werden nicht nur in den Unternehmen der Privatwirtschaft immer beliebter. Auch die Mitarbeitenden des öffentlichen Sektors haben diese Modelle schätzen gelernt. So wollen viele Mitarbeitende die gewonnene berufliche Flexibilität, welche sie im Rahmen der Covid-19-Pandemie erfahren haben, nicht mehr missen. Ebenfalls werben bereits öffentliche Organisationen mit flexiblen hybriden Arbeitsmodellen, um sich für die knapper werdenden Fachkräfte attraktiver darzustellen.

Das Modell „Homeoffice“ bringt viele Vorteile mit sich, dennoch birgt es auch Herausforderungen, mit denen sich die Belegschaft und vor allem Führungskräfte auseinandersetzen müssen. Eine Problematik stellt dabei eine Urteilsverzerrung, der sogenannte Proximity Bias, dar.

Der Proximity Bias ist eine unterschwellige kognitive Verzerrung und beschreibt eine unbewusste Bevorzugung von dem, was räumlich näher ist. Im Falle des hybriden Arbeitens beschreibt dieser Bias, dass die Fehleinschätzung entsteht, dass Mitarbeitende im Büro eine bessere Arbeitsleistung an den Tag legen als die Personen, die im Homeoffice sind. Zu diesem Ergebnis kommt auch die Studie “State of Hybrid Work 2022”, für die das Technologieunternehmen Owl Labs im Februar 2022 in Deutschland 2.000 Bürobeschäftigte befragte.

Die Studie zeigt, dass über die Hälfte der Vorgesetzten vorrangig diejenigen Beschäftigten um ihre Meinung bitten oder sich mit ihnen auseinandersetzen, mit denen sie physisch zusammenarbeiten. Auch die befragten Mitarbeitenden sind besorgt, dass sie weniger Mitspracherecht haben und das Vertrauen in die Mitarbeitenden vor Ort größer sei als in Personen, welche im Homeoffice arbeiten.

Die Ergebnisse verdeutlichen, dass es für die Organisationen bedeutend ist, der Urteilsverzerrung entgegenzusteuern, um die Zufriedenheit der Mitarbeitenden zu erhöhen.

Wie können öffentliche Organisationen dem Proximity Bias entgegenwirken?

Zunächst ist es wichtig, sich bewusst zu machen, dass sich die Arbeitswelt in den vergangenen Jahren signifikant verändert hat, sodass es unvorteilhaft wäre alle Mitarbeitenden „ins Büro zu zwingen“.

Die gesamte Arbeitskultur und -struktur entwickelt sich durch hybrides Arbeiten weiter, sodass diese überdacht und angepasst werden müssen. Dabei sollten unter anderem das (digitale) Onboarding, die Projektplanung, die Ablage von Dateien sowie die Planung von Videomeetings betrachtet werden. Entscheidend ist auch, dass Führungskräfte mit gutem Beispiel vorangehen, indem sie z. B. vereinzelnd mobil arbeiten und somit die Homeoffice-Kultur fördern. Ebenso kann es helfen, dass Führungskräfte deutlich erläutern, dass nicht jede Entscheidung die persönliche Zustimmung des Vorgesetzten benötigt. Zudem sollte den Mitarbeitenden mehr zugetraut sowie Verantwortung und Entscheidungen übertragen werden.

Weiterhin ist es wichtig, dass die Mitarbeitenden sicher im Umgang mit digitalen Tools und Anwendungen sind, sodass es sinnvoll sein kann, Schulungen anzubieten. Bei Videokonferenzen sollten die Beschäftigten zudem ermutigt werden, ihre Kamera einzuschalten, damit auch ein visueller Kontakt zustande kommt. Außerdem sollte es oberste Priorität sein, dass die Mitarbeitenden im Homeoffice immer in Besprechungen einbezogen und Diskussionen sowie Entscheidungen digital dokumentiert (z. B. in E-Mail-Threads) werden.

Eine positive Unternehmenskultur, die bspw. durch Teambuilding erreicht wird sowie eine starke Feedbackkultur fördern die Akzeptanz zwischen den Mitarbeitenden und Führungskräften. Dies könnte die unbewusste Einordnung in Schubladen verringern und somit auch hilfreich für das Entgegensteuern des Proximity Bias sein.

Insgesamt ist es entscheidend, die Vorurteile gegenüber hybridem Arbeiten zu entkräften. Dabei sollten die Erfolge von Mitarbeitenden, die aus dem Homeoffice heraus erreicht wurden, offen kommuniziert werden und hierdurch verdeutlichen, dass eine Anwesenheit im Büro keinen Einfluss auf den persönlichen Erfolg hat.


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