Autorin: Yanna Schneider, zfm-Beraterin
Vertrauen spielt im Arbeitskontext eine bedeutende Rolle, sowohl in der Privatwirtschaft als auch in kommunalen Verwaltungen. Gerade in Zeiten von agilen Arbeitsmethoden, ständigen digitalen Veränderungen und angestrebten Optimierungsprozessen ist es von großer Bedeutung.
Widersprüche zwischen Worten und Taten, mangelnde Zuverlässigkeit, fehlende Einbindung oder intransparente Kommunikation können einen Vertrauensverlust zur Folge haben. Dieser schwächt die Bindung der Mitarbeitenden und erhöht die Fluktuationsrate. Ein kontinuierlicher Leistungsabfall der Mitarbeitenden kann ebenfalls als eine Folge mangelnden Vertrauens auftreten. Es wird ersichtlich, dass das Konzept des Vertrauens eine bedeutende Rolle in Organisationen einnehmen kann.
Wie wird Vertrauen in der Wissenschaft definiert?
Da es unterschiedliche Perspektiven auf das Konstrukt gibt, existieren mehrere Definitionsansätze in der Literatur. Simon und Weiss (2017) definieren Vertrauen als ein Gefühl, das die Bindung zwischen Menschen stärkt und sich positiv auf die Harmonie auswirkt bzw. Einklang schafft. Schön (2020) definiert Vertrauen unteranderem als eine positive Erwartungshaltung für die Zukunft. Damit ist gemeint, dass Menschen in die Fähigkeiten anderer Menschen vertrauen und diesen eine gewisse Zuverlässigkeit und Verantwortung für die Erfüllung der Aufgabe zusprechen. Zudem definiert er Vertrauen als Zuversicht, dass unterschiedliche Personen die gleichen Interessen und Ziele verfolgen und diese Gemeinsamkeiten vorhersehbar sind.
Verschiedene Studien belegen, dass eine gelebte Vertrauenskultur nicht nur die kooperative Zusammenarbeit unter Kolleg:innen, die eigene Motivation oder gegenseitigen Respekt fördert, sondern ebenfalls die Wettbewerbsfähigkeit, die Effizienz oder die Handlungsfähigkeit eines Unternehmens sicherstellt. Durch Vertrauen werden beispielsweise Leistungspotenziale von Arbeitnehmenden genutzt und es werden Verbesserungsvorschläge abgewogen und diskutiert. Vertrauen fördert ein gutes Miteinander unter Kolleg:innen und unterstützt einen transparenten Dialog, ein sachliches Feedback oder einen Austausch auf Augenhöhe, um bestmögliche Ergebnisse zu erzielen.
Woran kann ein Arbeitgeber erkennen, dass mangelndes Vertrauen in der Organisation besteht und welche negativen Konsequenzen können dadurch entstehen?
Im Nachfolgenden sind dazu einige Signale aufgeführt:
- Starkes Ego-Denken: Es werden ausschließlich eigene Ziele, Ansätze und Meinungen toleriert und fokussiert, während kein Interesse an anderen besteht. Dies kann zu Mobbing und Missgunst führen.
- Geringe Kommunikation über Ideen, Projekte oder Prozesse: Mitarbeitende und Kolleg:innen werden nicht in Überlegungen einbezogen oder informiert. Es findet kein Austausch statt, um beispielsweise Verbesserungsvorschläge zu diskutieren oder gemeinsam Lösungsstrategien zu entwickeln. Dadurch bleiben Leistungspotenziale ungenutzt, der Zusammenhalt nimmt ab und die Unzufriedenheit steigt.
- Hohe Bürokratie: Traditionelle Kontrollinstrumente wie Zeit- und Pausenkontrollen, Reportings oder lange undurchsichtige Entscheidungs-prozesse erzeugen Misstrauen und steigern ebenfalls die Unzufriedenheit der Mitarbeitenden.
- Konflikte: Konflikte schädigen ein positives Arbeitsklima und wirken sich negativ auf das Vertrauen und die internen Arbeitsabläufe aus. Zum Beispiel führt ein mangelnder Austausch oder unzureichendes Verständnis für Mitarbeitende und Kolleg:innen zu verlangsamten Arbeitsabläufen oder geringerem Respekt.
Um das Vertrauen in einer Organisation zu stärken, stellt Schön (2020) verschiedene Aspekte für den Vertrauensaufbau dar. Er benennt unter anderem die Aspekte „fachliche und methodische Kompetenzen, Wertschätzung, Interesse, Information, Respekt und Erleben“ (S.67). Wichtig ist hierbei, dass die einzelnen Aspekte vor allem im Zusammenspiel das Vertrauen fördern und daher nicht isoliert betrachtet werden sollten. Zum Beispiel vertrauen wir in die Kompetenzen einer Pilotin / eines Piloten, aufgrund ihres besonderen Fachwissens, wenngleich wir keine weiteren Informationen über ihre Person haben. Eine Führungskraft hingegen erleben wir in alltäglichen Situationen. Nur weil sie fachlich und methodisch kompetent ist, bedeutet das jedoch nicht, dass wir ihr vollständig vertrauen. Erst die interpersonellen Fähigkeiten wie beispielsweise ausgeprägte Kommunikationsfähigkeiten, Empathie, gelebte Kompromissbereitschaft oder echtes Interesse am Gegenüber fördern Vertrauen.
Im Folgenden werden Ihnen verschiedene Impulse gegeben, wie Sie ein gutes Vertrauen zu Ihren Kolleg:innen oder zu Ihren Mitarbeitenden aufbauen können:
- Halten Sie ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen Ihrer fachlich-methodischen Kompetenz und Ihren interpersonellen Fähigkeiten.
- Seien Sie empathisch und nehmen Sie den Menschen und seine Gefühle wahr.
- Zeigen Sie sich wertschätzend für erbrachte Leistungen von Mitarbeitenden und Kolleg:innen.
- Übernehmen Sie Verantwortung sowohl bei positiven Ergebnissen als auch bei negativen Ergebnissen.
- Zeigen Sie ehrliches und authentisches Interesse an Ihrem Gegenüber, dazu gehört beispielsweise das aufmerksame Zuhören oder das Stellen von Fragen.
- Stellen Sie eine Transparenz an Informationen über den gesamten Prozess sicher – gleiches gilt für eine Projektarbeit.
- Sichern Sie eine kontinuierliche und nachvollziehbare Kommunikation über Ziele und Absichten.
- Halten Sie ihr Wort und vermeiden Sie Bewertungen von anderen.
- Holen Sie sich Feedback ein und integrieren Sie dieses in Maßnahmen.
- Seien Sie ansprechbar und zugänglich.
- Zeigen Sie sich berechenbar und ehrlich.
- Achten Sie die Grenzen von anderen und bewahren Sie Vertraulichkeiten.
- Suchen Sie neue Orte für neuen Austausch, um die Beziehungsdynamik zu stärken und so mehr voneinander zu erfahren. Neue gemeinsame Erfahrungen fördern ebenfalls den Vertrauensaufbau.
Abschließend kann festgehalten werden, dass Vertrauen zur positiven Gestaltung von Beziehungen und sozialen Interaktionen im Arbeitskontext beiträgt. Zudem wirkt es sich positiv auf beispielsweise die Teambindung oder auf das Teamklima aus und ist eine wichtige Grundlage für ein zielgerichtetes gemeinsames Handeln. So können Ziele erreicht werden und die Wettbewerbsfähigkeit einer Organisation sichergestellt werden.
Quellen:
Schön, W. (2020). Vertrauen, die Führungsstrategie der Zukunft: So entstehten Vertrauen, Wirkung und persönlicher Erfolg (1. Aufl.). Heidelberg: Springer Gabler.
Simon, C, P., Weiss, B. (2017): Vertrauen, das verbindende Gefühl. GEO Wissen, Ausgabe Nr. 59, Gruner + Jahr, Hamburg
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