Jeder Arbeitgeber ist in Zukunft auch sein eigener Headhunter – ohne die aktive, direkte Ansprache von Job-Kandidaten wird kaum noch eine Personalabteilung der öffentlichen Hand auskommen. Manche Berufsgruppe ist inzwischen so umworben, dass es die klassische Bewerbung um eine Stelle so nicht mehr geben wird: Künftig sucht der Arbeitgeber, nicht mehr der Arbeitnehmer.

Dazu ein Beispiel: CompuSafe, ein mittelständischer IT-Dienstleister, sucht einen Experten für eine Software, die in Deutschland nur wenig verbreitet ist. Nur wenige Profis kennen sich damit aus, und die sind in fester Anstellung. Stellenanzeigen bleiben erfolglos, es kommen keine Rückläufer, weder im Internet noch in Printmedien.

Was tun? Kirstin Birner, Personalerin bei CompuSafe, wird aktiv. Sie kombiniert geschickt Suchbegriffe bei Google, um Menschen zu finden, die schon einmal beruflich mit der exotischen Software zu tun hatten. Sie hat Glück und wird fündig. Eine weitere Recherche in Businessnetzwerken bringt die Kontaktdaten. Schließlich verschickt Birner eine persönliche Nachricht mit dem Jobangebot – und hat Erfolg: Der IT-Profi ist bereit, seine derzeitige Position aufzugeben und zu CompuSafe zu wechseln.

Dieser Fall, kürzlich so geschildert in der Fachzeitschrift „ManagerSeminare“, ist typisch. Denn immer mehr Arbeitgeber gehen aktiv auf ‚Mitarbeiter- Pirsch‘. Weil herkömmliche Stellenanzeigen kaum noch Echo bringen oder gerade in Nischenqualifikationen der Arbeitsmarkt leergefegt ist, gehen sie in die Offensive. Sie suchen potenzielle Mitarbeiter im Netz und sprechen sie gezielt an – auch wenn diese sich nicht beworben haben.

Immer mehr Unternehmen machen das selbst, was früher nur der Headhunter erledigte. 25 Prozent der Arbeitgeber nutzen schon diesen Ansatz – er heißt Active Sourcing. Hausinterne Headhunter haben inzwischen zum Beispiel BASF, Accenture, Otto oder Beiersdorf, aber auch Mittelständler, die am Arbeitsmarkt weniger bekannt sind.

So läuft ein Active-Sourcing-Vorhaben in der Personalpraxis der Anwender ab: Der Talentscout fahndet zunächst in sozialen Netzwerken wie LinkedIn oder Xing nach Personen, die die geforderten Kenntnisse haben. Besonders, wenn rare Spezialisten gesucht sind, ist detektivischer Spürsinn gefragt. Einige Scouts schauen sich zum Beispiel die Anhängerschaft von Branchengurus auf Twitter an – in der Hoffnung, unter den Followern Menschen zu entdecken, die zu den Meinungsführern in einer Nische gehören.

Beliebte Jagdgründe für neue Mitarbeiter sind auch Fachforen. Denn wer sich hier oft zu Wort meldet, kennt sich mit einem Thema aus. Ein Automobilhersteller etwa findet einen Service-Techniker unter Umständen im Internetforum einer großen Autobörse. Die Zielpersonen werden dann gezielt per E-Mail mit einem persönlichen Anschreiben angesprochen. Active Sourcing ist ein Novum für viele Personalressorts. Statt das Netz auszuwerfen, wird mit dem Speer gefischt. Das bringt guten Fang, macht aber viel Arbeit und ist teuer. Deshalb nutzen Arbeitgeber Active Sourcing derzeit nur, um Fachleute und Personal für die mittlere Führungsebene zu gewinnen. Für die Besetzung von Einstiegsjobs lohnt es sich nicht – und Top-Manager reagieren nicht auf Anfragen, die sie über LinkedIn oder Xing erhalten. Hier werden auch in Zukunft Headhunter den Markt bedienen.

In Personalberichten der öffentlichen Arbeitgeber lesen wir dazu Formulierungen wie diese: „Die bestehende Konkurrenz zwischen den öffentlichen und privaten Arbeitgebern um geeignetes Personal wird weiter zunehmen.“ Das zeigt, wie wichtig Active Sourcing werden kann. Arbeitgeber werden auf abgegrasten Arbeitsmärkten um Mitarbeiter konkurrieren – und gelegentlich auf ihre Stellenausschreibungen überhaupt keine Bewerbungen mehr bekommen.

Da wird Ihnen, wie vielen anderen Organisationen auch, nichts anderes übrig bleiben, als aktiv in den Markt zu gehen, um die große Gruppe der latent Wechselwilligen anzusprechen, also Berufstätige, die noch nicht auf dem Absprung sind, weil sie zum Beispiel noch keine Zeit hatten, eine Bewerbung zu schreiben.

Ihre Agenda lautet deshalb: Bauen Sie für diesen chancenreichen Weg zu neuen Mitarbeitern die nötigen Kompetenzen aus.

Aus “13 Impulse für Ihre Personalarbeit” von Edmund Mastiaux, 2018


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