Kritik zu äußern ist auch für Vorgesetzte nicht immer einfach. Es gilt, Kritikpunkte so anzubringen, dass Mitarbeitende motiviert und nicht frustriert aus dem Gespräch gehen. Kritische Punkte offen anzusprechen ist allerdings eine Kernaufgabe von Führung, nicht zuletzt, um Mitarbeitende zu entwickeln. Nur wer Kritik äußert, kann voraussetzen, dass es beim nächsten Mal besser läuft.

Die Kunst liegt darin “wie” das negative Feedback übermittelt wird:

Wenn es Anlass zur Kritik gibt, dann sollte diese zeitnah geäußert werden. Nur ein zeitnahes, auf konkretes Verhalten bezogenes Feedback ist ein hilfreiches Feedback. Wenn Sie Fehler erst Wochen oder Monate später ansprechen, wird Ihr Gegenüber Sie zu Recht fragen: „Warum erst jetzt?“. Sie riskieren, nachtragend zu wirken. Zudem wirken Erinnerungseffekte – Sie können nicht sicher sein, wie und ob sich Ihr Gegenüber überhaupt an die durch Sie geschilderte Situation erinnert.

Nehmen Sie sich Zeit und führen Sie ein Kritikgespräch nicht unter Zeitdruck. Schalten Sie Ihr Telefon auf „stumm“ und führen Sie das Gespräch in einem geschützten Raum. So vermitteln Sie Ihrer*m Mitarbeiter*in, dass Sie sie*ihn und das angesprochene Thema ernst nehmen.

Bleiben Sie sachlich und äußern Sie Ihre Kritik nicht mit zynischem oder beschuldigendem Unterton. Kritisieren Sie konkret beobachtete Verhaltensweisen, nicht die Person an sich. Persönliche Anschuldigungen vergiften die Gesprächsatmosphäre und sind für die konstruktive Lösungsfindung alles andere als förderlich. Zudem – Verhaltensweisen lassen sich ändern bzw. optimieren – Persönlichkeiten weniger.

Begründen Sie Ihre Aussagen. Unbegründete Kritik wird Ihr*e Mitarbeiter*in nicht nachvollziehen können und somit auch nicht annehmen. Belegen Sie Ihre Kritik stattdessen mit konkreten Beispielen. Vermeiden Sie Killerphrasen wie: “Sie arbeiten nicht gut, aber an einer bestimmten Situation kann ich das nicht festmachen!”

Setzen Sie Kritik nicht als Waffe ein. Es drückt das Betriebsklima, wenn Mitarbeitende annehmen müssen, die*der Vorgesetzte bewahre sich Kritik grundsätzlich für einen taktisch günstigen Zeitpunkt auf. Eine gute Führungskraft schickt Mitarbeitende grundsätzlich nicht mit einem Kritikgespräch ins Wochenende.

Leben Sie eine offene Fehlerkultur vor. Stehen Sie zu Ihren Fehlern und machen es so auch Ihren Mitarbeitenden leicht, Fehler einzugestehen. Durch autoritäres Verhalten drängen Sie Ihr Gegenüber in die Enge, während eine offene Atmosphäre „auf Augenhöhe“ dazu beiträgt, die Ursache des zugrundeliegenden Problems aufzuspüren und gemeinsam an der Lösung zu arbeiten.

Äußern Sie keine Kritik über Abwesende. Auch wenn Sie sich noch so geärgert haben, lassen Sie sich nicht dazu hinreißen, sich negativ über abwesende Kolleg*innen oder Mitarbeitende zu äußern. Sie wirken unprofessionell und möglicherweise wird die “betroffene Person” nun über Dritte informiert. Die Zuhörer*innen werden befürchten, dass in ihrer Abwesenheit auch negativ über sie gesprochen wird. Dies trägt nicht zu einer offenen Gesprächsatmosphäre und Fehlerkultur bei.

Vermeiden Sie Vergleiche zu anderen Mitarbeiter*innen. Im Kritikgespräch geht es einzig und allein um das Verhalten des*der betroffenen Mitarbeiters*in sowie die Erarbeitung individueller Lösungsmöglichkeiten. Andere Mitarbeitende als Positiv- oder Negativbeispiel heranzuziehen, hilft häufig nicht bei der konkreten Problemlösung. Zudem riskieren Sie so eine Verschlechterung der Arbeitsatmosphäre und Neid unter Ihren Mitarbeitenden.

Bleiben Sie konsequent. Gibt ein*e Mitarbeiter*in in gleichen oder ähnlichen Fällen immer wieder Anlass zu Kritik, müssen über das Kritikgespräch hinaus weitere Maßnahmen in Erwägung gezogen werden. Dazu können eine mündliche oder schriftliche Ermahnung, die Versetzung an einen anderen Arbeitsplatz oder – als letztes Mittel – die Kündigung zählen. Ist ein Betriebsrat vorhanden, so muss dieser über die schriftliche Abmahnung unterrichtet werden. Diese Maßnahmen dürfen für den*die Mitarbeiter*in jedoch nicht „aus dem Nichts“ kommen, sondern sollten im Gespräch bei Nichteinhaltung der vereinbarten Maßnahmen angekündigt werden.

Stellen Sie die Vertraulichkeit sicher. Neben der Zusicherung eines Vier-Augen-Gespräches muss die Führungskraft auch im Nachhinein dafür sorgen, dass niemand von den konkreten Inhalten des Kritikgespräches erfährt. Anderenfalls riskieren Sie, dass Mitarbeitende sich in zukünftigen Gesprächen nicht offen und ehrlich verhalten.

Beenden Sie ein Kritikgespräch mit konkret vereinbarten Maßnahmen. Der*die Mitarbeiter*in wird ihr*sein Verhalten in Zukunft nur dann ändern können, wenn er*sie hierfür konkrete Wege aufgezeigt bekommt. Idealerweise werden diese Maßnahmen im Rahmen des Gespräches gemeinsam erarbeitet. Wichtig ist zudem, ein positives Feedback zu geben, wenn Mitarbeitende die vereinbarten Verhaltensweisen dann auch in der Praxis zeigen.

Schließen Sie das Gespräch positiv ab und machen Sie als Führungskraft den Glauben an die Fähigkeiten und Motivation des*der Mitarbeiter*in auch in einem Kritikgespräch deutlich. Ein Kritikgespräch ist dann gelungen, wenn der*die Mitarbeiter*in motiviert ist, an den besprochenen Verhaltensweisen zu arbeiten und sich zu entwickeln.


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