Autor: Ludwig Weitz

Führung ist für jede Organisation existenziell. Ohne Führung geht es nicht. Und da, wo Führung nicht formal geregelt ist, entwickelt sie sich von selbst, eben informell. Menschen, die diese Aufgabe übernehmen oder die in diese Aufgabe befördert werden – die Führungskräfte – bestimmen maßgebend die Kultur und den Erfolg von Organisationen.

Das Dilemma: Niemand ist als Führungskraft geboren! Natürlich können wir Führung lernen, studieren, aber ein Ratgeber hilft nur bedingt in der Praxis. Ob das Handeln einer Führungskraft wirksam wird, entscheidet nicht die Theorie, sondern die Persönlichkeit des Führenden.

Sie entwickelt sich erst in der Praxis. So betrachtet, bedeutet die Entwicklung von Führungskräften die Entwicklung von Führungspersönlichkeiten. „Nur wenige Führungskräfte sehen ein, dass es nur eine Person zu führen gilt, nämlich sich selbst“, hat der amerikanische Berater Peter Drucker gesagt. Sich dessen bewusst zu sein, ist der Ausgangspunkt für eine gute Entwicklung. Führende sind keine Handwerker. Natürlich hilft es, Führungsinstrumente und -konzepte im Sinne einer inneren Landkarte zu kennen und diese fachgerecht anzuwenden. Aber um ein Zielvereinbarungsgespräch führen zu können, braucht es mehr als nur die Kenntnisse des Instrumentes. Es braucht wieder Persönlichkeit, um mit dem Instrument aus der Vereinbarung ein kommunikatives Ereignis zwischen Mitarbeiter und Führendem zu machen.

Jede Führungskraft ist individuell, weil wir erst durch unsere Begabungen und Fähigkeiten in der Lage sind, überzeugende Führungskünstler zu werden. Wir wissen: Gute Führungskräfte sind die Menschen, die qua persönlichem Stil führen und so in ihrer eigenen Art und Weise überzeugend sind. Das wissen wir intuitiv auch aus persönlichen Erfahrungen als Geführte, die wir alle schon einmal waren oder sind.

Ein wesentlicher Aspekt der Persönlichkeitsentwicklung als Führungskraft kommt noch hinzu; die Fähigkeit, Veränderungen zu gestalten. Die Systeme, die wir führen, sind eigensinnig. Organisationen sind nicht statisch, sondern in ihrer Notwendigkeit zur Anpassung an die Wirklichkeit äußerst dynamisch. Sie werden ständig zu Veränderungen gezwungen, auch in ihren Organisationsformen. Allein die permanenten Anpassungen an die Interessen und Bedürfnisse der Kunden oder der Bürger sind ein Veränderungsimpuls, dem man nicht ausweichen kann.

SINN VERMITTELN

Die Führungskraft ist in diesen Situationen als Change-Manager gefordert, der Orientierung in Veränderungsprozessen lebt, ohne selbst zu wissen, ob die Veränderung zielgerecht verläuft und wirklich gut endet. Gute Kenntnisse des Change-Managements sind dabei hilfreich. Aber auch hier sind weiche Fähigkeiten („soft skills“) wichtiger: das sichere Auftreten, die Vermittlung von Sinn und das Vertrauen in das, was geschehen kann.

Unter dem Strich in den Worten einer Studie: „Führungsfähigkeit, Sozialkompetenz, Visionsfähigkeit sowie Teamfähigkeit, analytische Begabung, Kommunikationsfähigkeit und Initiative sind die zukünftigen Hauptmerkmale einer erfolgreichen Führungskraft.“ Daraus folgt: Führungskräfteentwicklung ist in erster Linie Persönlichkeitsentwicklung!

Als Führungskraft darf ich Antworten finden auf die Fragen: Welche Werte bestimmen mich in meinem Führungsverhalten? Welche Erwartungen werden an mich in meiner Organisation gestellt? Was sind meine Begabungen und wie kann ich sie meinen Mitarbeitern gegenüber zur Geltung bringen? Wie gehe ich mit Veränderungen um? Was ist die Vision meiner Organisation und wie kann ich meine Mitarbeiter dafür begeistern?

Mit der Beantwortung dieser Fragen bin ich nie fertig, weil ich mich selbst weiterentwickeln darf. Deshalb gibt es Ausprägungen in der Führungsrolle, die ich erst mit einer gewissen Praxiserfahrung und nach längerer Zeit erreiche: der „Senior“, der „Weise“, der „Mentor“.


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