Wer sich auf einen Job bewirbt, möchte einen guten Eindruck machen, um die Stelle zu bekommen – das ist normal. Daher beschönigen die meisten Bewerberinnen und Bewerber negative Eigenschaften, während sie positive besonders stark hervorheben.

Man spricht hier vom sozial erwünschten Antwortverhalten: Die Bewerberinnen und Bewerber sagen, wovon sie denken, dass ihr Gegenüber im Bewerbungsgespräch es hören möchte. Es ist gut untersucht, dass niemand schonungslos ehrlich alle Stärken und Schwächen gleich stark gewertet auflistet. Das erwartet auch niemand. Das Maß der Übertreibung und Beschönigung ist allerdings von Person zu Person verschieden. Manche schreiben sich Eigenschaften zu, die sie gar nicht haben, und das kann für alle Beteiligten anstrengend und teuer werden.

Dos and Don’ts für Bewerberinnen und Bewerber

Sie wollen die Stelle unbedingt! Im Gespräch erfahren Sie allerdings, wie groß der Kundenkreis ist, mit dem Sie laufend in Kontakt stehen müssen, und Ihnen wird etwas mulmig: Das mögen Sie eigentlich so gar nicht, Sie haben wenig Erfahrung damit und es fällt Ihnen auch nicht leicht. Sie entscheiden sich aber nicht gegen den Job, die Konditionen sind zu gut.

Do

Sie geben an, dass Sie bislang nur wenige Erfahrungen in der direkten Kundenbetreuung gesammelt haben, aber gern zu lernen bereit sind.

Don’t

Sie geben an, dass Sie auch bei der letzten Stelle die ganze Zeit im direkten Kundenkontakt gewesen sind und dass Kommunikation ohnehin zu Ihren herausstechenden Eigenschaften zählt. Sie versuchen den Eindruck zu erwecken, dass niemand besser für die Stelle geeignet ist als Sie.

Das kann passieren

Übertreiben Sie komplett, stellt der Arbeitgeber Sie im guten Glauben ein, dass Sie sich auskennen und für die Stelle geeignet sind. Sie werden überfordert sein, nicht richtig wissen, was Sie tun sollen, und Ihre Aufgaben nicht mögen. Schlussendlich können Sie sich kaum noch überwinden, zur Arbeit zu kommen, und der Arbeitgeber muss den Bewerbungsprozess von Neuem anstrengen oder Sie schulen lassen.

Geben Sie hingegen an, dass Ihnen in dem Bereich noch etwas Erfahrung fehlt, kann sich das Unternehmen darauf einstellen. Niemand wird verwundert sein, wenn Sie in die Aufgabe erst noch hineinwachsen müssen. Zudem werden Sie mit großer Wahrscheinlichkeit Hilfestellung bekommen. So können Sie neue Fähigkeiten erlernen, die Ihr Portfolio erweitern.

Dos und Don’ts für Personaler:innen und Führungskräfte

Bewerbungsprozeduren sind langwierig, Sie brauchen schnell jemanden für die Stelle und es haben sich mehrere vielversprechende Personen gemeldet. Einige davon wirken im Gespräch sympathisch und kompetent und haben sich offensichtlich mit dem Unternehmen auseinandergesetzt.

Do

Sie schenken nicht allein der Bewerbung und den Aussagen der Bewerberinnen und Bewerber Glauben, sondern etablieren mehrstufige Prozesse:

Don’t

Der Lebenslauf sieht gut aus, die Erfahrungen auch – was soll schon schiefgehen? Sie stellen die Person ein, mit der Sie am besten auskommen, schließlich hat sie gesagt, dass sie alles Nötige kann.

Das kann passieren

Haben Sie Glück, hat die Person, die Sie eingestellt haben, keine falschen Angaben gemacht. Es kann allerdings ebenso gut sein, dass sie nicht alles beherrscht, was zu beherrschen sie vorgegeben hat. Davon haben Sie gleich mehrere Nachteile:

Besser ist es daher, von Anfang an etwas mehr in den Bewerbungsprozess zu investieren. Diese Vorgehensweise ist aufwändiger, lohnt sich aber: Damit gehen Sie nämlich sicher, dass Sie nur Personen einstellen, bei denen Sie einschätzen können, welchen Mehrwert sie für das Unternehmen bieten.

Die individuelle Tendenz zur Beschönigung ist verschieden

Einige Personalerinnen und Personaler gehen davon aus, dass es eigentlich kein Problem mit Unwahrheiten in den Bewerbungsgesprächen gibt: Wenn alle Bewerberinnen und Bewerber die kleinen Beschönigungen oder Übertreibungen im selben Maße vornehmen, dann ändert sich ja eigentlich an der Reihenfolge der Eignung nichts.

Das ist insofern zu kurz gedacht, als die Individuen sehr unterschiedlich antworten können – selbst, wenn sie alle zu sozial erwünschten Antworten tendieren: Wo manche Menschen lediglich kleine Auslassungen machen oder etwas Positives noch positiver darstellen, können andere auch ganz direkt die Unwahrheit sagen – das ist typabhängig.

Um also herauszufinden, was die Person tatsächlich kann und was nicht, muss das Vorstellungsgespräch sorgfältig vorbereitet werden: In einem Persönlichkeitsfragebogen anzugeben, dass man sehr stressresistent ist, ist einfach. Unvorbereitet eine Situation aus dem bisherigen Arbeitsleben schildern zu müssen, die das beweist, ist schwieriger.

Achten Sie auf die Körpersprache und hören Sie sowohl auf Inhalt als auch auf Zwischentöne: Ist die Situation dazu angetan, die Behauptung zu stützen? Und klingt es, als würde die Person tatsächlich eigene Erfahrungen schildern? Drucksen und Gemeinplätze oder Widersprüche deuten darauf hin, dass dem nicht so ist.


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