Manche Teammitglieder sind morgens frisch und energiegeladen und wirken selbst in frühen Konferenzen wach und leistungsbereit. Andere Mitarbeitende sehen aus, als seien sie ausschließlich physisch anwesend und gehörten dringend ins Bett.
Das kommt Ihnen bekannt vor?
Diese Mischung gibt es an allen Arbeitsplätzen, denn Menschen haben verschiedene Biorhythmen.
Die innere Uhr und die Chronotypen
Jeder Mensch lebt nach seiner eigenen inneren Uhr. Wann jemand fit, wach und leistungsfähig ist, ist Typsache. Es gibt verschiedene Chronotypen:
- Die Lerche begrüßt zwitschernd den Morgen, startet mit einem Hoch in den Tag und ist schnell wach und konzentriert. Am Nachmittag baut sie ab, abends kann sie kaum mehr einen klaren Gedanken fassen.
- Die Eule begrüßt den Tag am liebsten gar nicht. Könnte sie, würde sie nie vor elf aufstehen. Je mehr sich der Tag dem Ende neigt, desto mehr blüht sie auf. In den Abendstunden ist sie wach und fit, oft kann sie nun stundenlang konzentriert durcharbeiten.
- Der Kolibri kommt vormittags gut in Gang, erlebt mittags ein Formtief und hat am Nachmittag noch einen Höhenflug.
Neben diesen drei Chronotypen gibt es Menschen, die sich gut an unterschiedliche Tagesabläufe anpassen und ihre Kräfte flexibel einsetzen können. Ihnen macht beispielsweise Schichtarbeit deutlich weniger aus als anderen.
Tipp: Beobachten Sie, wann Sie Ihr Leistungshoch haben – der Chronotyp kann sich im Laufe des Lebens ändern!
Darum kann das Chronoworking sinnvoll sein
Chronoworking bedeutet, dass wir dann arbeiten, wenn wir von unserem Leistungshoch getragen werden. Das bringt verschiedene Vorteile mit sich:
- Wir sind konzentrierter als sonst.
- Die Fehlerquote sinkt.
- Wir erledigen Aufgaben schneller als zu anderen Zeiten.
- Die Erfolgserlebnisse spornen uns an.
- Wir fühlen uns zufriedener und identifizieren uns mehr mit der Arbeit.
- Wir werden seltener krank.
Kurz: Chronoworking ist dazu angetan, das Arbeitsklima deutlich zu verbessern und die Bindung an den Arbeitgeber zu stärken. Warum also ist es nicht längst schon gang und gäbe?
Die Herausforderungen beim Chronoworking
Es gibt vor allem zwei Gründe, aus denen Chronoworking sich noch nicht durchgesetzt hat.
Chronoworking klappt in vielen Jobs nicht
In der Krankenpflege zum Beispiel kann man Aufgaben nicht erledigen, wenn man sich dafür bereit fühlt, sondern muss sie dann in Angriff nehmen, wenn sie anfallen. Im Restaurant bringt es nichts, morgens um acht produktiv zu sein, wenn das Essen abends frisch zubereitet werden muss. Im öffentlichen Dienst erwarten Menschen, dass sich jemand zu Öffnungszeiten um ihre Anliegen kümmert, vor Ort ist oder ans Telefon geht.
Chronoworking bedeutet Eigenverantwortung
Wer sich beim Arbeiten nach seinem Körper richten möchte, muss auf sich achten: Es gilt, Hochphasen zu nutzen und in unproduktiven Phasen Pausen zu machen. Das ist nicht für alle Menschen so einfach, wie es klingt. Sich den Tag selbst einzuteilen und dabei alle Aufgaben innerhalb der vorgegebenen Zeit zu erledigen, ist für manche Menschen eine schwierig zu bewältigende Aufgabe.
Wege zum Chronoworking in Ansätzen
Wo Selbstständige ihren eigenen Tag strukturieren können, ist das in vielen Anstellungsverhältnissen nicht gegeben: In einem Bürgeramt zum Beispiel müssen Mitarbeitende zu festen Zeiten anwesend sein. Allerdings gilt das nicht unbedingt für alle. Möchten Arbeitgeber hier ihren Mitarbeitenden bei der Arbeitszeitgestaltung entgegenkommen, sind Anpassungen möglich. Diese erfordern aber viel Kommunikation:
- Die Mitarbeitenden können sich für einen festgelegten Zeitraum beobachten, um festzustellen, welchem Chronotyp sie angehören.
- Sie können angeben, wann sie produktiv und wann unkonzentriert sind.
- Ist es mit dem Arbeitsalltag vereinbar, können sie kompliziertere Aufgaben priorisieren und sie zu den Hochphasen erledigen. Nicht dringliche und repetitive Aufgaben können (mit Erlaubnis des Arbeitgebers) auch außerhalb der Kernarbeitszeit abgearbeitet werden.
- Ihre Aufgabe als Führungskraft ist es, Rückmeldungen zu sammeln und zu überprüfen, ob und wie sich die verschiedenen Zeiten kombinieren lassen.
- Sie erstellen einen Plan, in dem die bevorzugten Arbeitszeiten möglichst gerecht verteilt werden, während gleichzeitig allen Erfordernissen des Jobs Rechnung getragen wird (Anwesenheit und Erreichbarkeit zum Beispiel).
- Mitarbeitende ohne Kundenkontakt müssen nicht zwingend zu festen Bürozeiten arbeiten, solange sie ihre Aufgaben fristgerecht erledigen: In der IT zum Beispiel kann es feste Kernarbeitszeiten geben, in denen immer jemand vor Ort und erreichbar sein muss. Andere Mitarbeitende könnten ihre Aufgaben aber tatsächlich auch außerhalb der Bürozeiten erfüllen. Hier ist unter Umständen auch die Möglichkeit gegeben, im Homeoffice zu arbeiten, was den Job für viele Menschen interessant macht.
Ob die Organisation eines solchen Teil-Chronoworkings machbar ist, hängt davon ab, wie viel Sie als Führungskraft zu tun haben und was Ihr Arbeitgeber grundsätzlich dazu sagt. Viele Unternehmen und Behörden lehnen das Chronoworking ab, da es Mehrarbeit verursacht.
Warum Chronoworking sich wahrscheinlich nicht schnell durchsetzen wird
In einem „herkömmlichen“ Arbeitsalltag ist geregelt, wann und wie lange wir arbeiten. Es ist ungefähr klar, wie viel wir in dieser Zeit schaffen. Dass es nicht der effektivste Weg ist, unsere volle Leistungsfähigkeit auszuschöpfen, ist in diesem Fall zweitrangig.
Chronoworking funktioniert grundlegend anders: Da hier die Spitzen der Leistungsfähigkeit genutzt werden, können Aufgaben schneller und effizienter erfüllt werden. Zudem sparen wir uns die Nachbearbeitung jener Aufgaben, die wir unkonzentriert und müde bearbeitet haben: Diese müssen wir nämlich später oft noch einmal anfassen, ehe das Ergebnis zufriedenstellend ist.
Das bedeutet, dass wir dieselbe Leistung innerhalb kürzerer Zeit erbringen. Und hier wird es kompliziert: Menschen brauchen unterschiedlich lange und nutzen ihre Hochphasen nicht immer auf die gleiche Weise. Normalerweise sind in den Arbeitsverträgen allerdings Arbeitszeiten festgelegt. Das lässt sich mit Bezahlung nach Leistung nicht gut vereinbaren: Es ist nicht vollkommen klar, welche Vorgehensweise hier gerecht wäre. Die Themen Arbeitsleistung und Vergütung müssten ganz neu gedacht werden und die Umsetzung wäre aufwändig.
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