Autorin: Raza Hoxhaj

Eignungsinterviews sind eine weit verbreitete Methode der direkten mündlichen Befragung und zeigen eine hohe Akzeptanz des Verfahrens auf Seiten der Interviewten auf. Es ermöglicht den Interviewenden, sich ein persönliches Bild von der bewerbenden Person zu machen und mehr über deren Kompetenzen, Berufserfahrungen und Fähigkeiten zu erfahren. Gleichwohl haben die Bewerbenden die Möglichkeit, sich einen Eindruck über die Organisation, die Tätigkeit und die Anforderungen zu machen sowie die zukünftigen Vorgesetzten bzw. Kollegen kennenzulernen.

Eine Möglichkeit das Interview zu strukturieren, stellt das Konzept des Multimodalen Interviews nach Schuler dar. Das Multimodale Interview besteht aus acht aufeinander folgenden Komponenten deren Reihenfolge vorgegeben ist. Fünf der acht Gesprächsabschnitte dienen der Eignungsbewertung und Verhaltenseinschätzung der bewerbenden Person. Die weiteren drei Gesprächsabschnitte beinhalten die Klärung von Fragen, die Überleitungen und die Schaffung einer angenehmen Gesprächsatmosphäre und stellen den freien Gesprächsteil dar, in welchem die bewerbende Person nicht bewertet wird.

  1. Gesprächseröffnung: Im Mittelpunkt steht die Schaffung einer offenen und freundlichen Gesprächsatmosphäre. Dazu gehören Begrüßung, Erläuterung des Ablaufes unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen sowie die Vorstellung der am Interview beteiligten Personen. Eine Bewertung findet zu diesem Zeitpunkt noch nicht statt.
  2. Persönliche Vorstellung: In diesem Schritt hat die bewerbende Person die Möglichkeit, unter anderem auf wichtige Stationen in ihrem Werdegang einzugehen. Die bewerbende Person hat hierbei Spielraum in der Art der Vorstellung, der Schwerpunktsetzung sowie auch im Einbringen ihrer persönlichen Note. Wichtig ist, dass eine Struktur erkennbar ist und die Wechselmotivation deutlich wird, da hierauf der Fokus seitens der interviewenden Person gelegt wird. Bei der Wahl von Schwerpunkten kann auf berufliche Stationen stärker eingegangen werden, die eine gute Voraussetzung für die zukünftige Position darstellen. Hierbei kann hervorgehoben werden, wo es Überschneidungsbereiche zum Anforderungsprofil gibt und welche Aufgaben eine Herausforderung darstellen würden.
  3. Darauf basierend können Rückfragen, die sich aus der vorangegangenen Selbstvorstellung oder aus den Bewerbungsunterlagen ergeben haben, gestellt werden.
  4. Berufsbezogenes Interesse und Beweggründe: Die bewerbende Person hat hier die Möglichkeit auszuformulieren, warum die Position sie reizt, welche bisherigen Erfahrungen und Fähigkeiten sie zur Erfüllung des Anforderungsprofils bereits mitbringt und was für sie eine Herausforderung darstellen könnte, an der sie wachsen möchte. Gleichwohl haben persönliche Gründe wie zum Beispiel, dass der Wohnort als besonders attraktiv wahrgenommen wird oder dass man wieder zurück in die Heimat ziehen möchte, hier ihren Platz. Hierbei achten die interviewenden Personen unter anderem darauf, ob eine realistische Einschätzung der eigenen Fähigkeiten und Erfahrungen in Bezug auf das Anforderungsprofil gegeben ist und die Wechselmotivation nachvollziehbar und authentisch erscheint.
  5. Biographiebezogene Fragen: Dieser Teil ist speziell auf die Anforderungen der zukünftigen Tätigkeit/Funktion ausgerichtet. Biographiebezogene Fragen haben eine hohe Aussagekraft unter der Voraussetzung, dass Bewerbende eine konkrete Situation und ihr darauf bezogenes Handeln schildern. Hierbei ist wichtig, dass die Situation in einem Kontext eingebettet ist (Was war die Ausgangssituation? Wer sind die handelnden Personen? Welche Handlungsalternativen waren gegeben?) und die Person ihr Handeln sowie die Beweggründe konkret beschreibt und die daraus folgenden Konsequenzen beleuchtet. Eine letzte Reflexionsfrage wie bspw. „Würden Sie heute genauso handeln?“ kann den Abschnitt abrunden.
  6. Realistische Tätigkeitsbeschreibung:  Die bewerbende Person wird über die vorherrschenden Rahmenbedingungen, Anforderungen und Herausforderungen der Abteilung, der Position oder des Unternehmens informiert. Eine realistische Beschreibung der Tätigkeit verringert die Wahrscheinlichkeit, dass eingestellte Kandidatinnen und Kandidaten bereits während der Probezeit das Unternehmen verlassen. Zudem hat die bewerbende Person hier die Möglichkeit, offene Fragen zu stellen, die für ihre Entscheidung bezüglich der Tätigkeit von Relevanz sind.
  7. Situative Fragen dienen dazu, eine Einschätzung der bewerbenden Person über eine bestimmte Situation im Berufsalltag zu erhalten. Dabei wird ihr eine erfolgskritische Situation geschildert und erfragt, wie sie sich in der Situation verhalten würde. Für die bewerbende Person ist es wichtig, sich diese Situation umfänglich vorzustellen und dabei verschiedene Aspekte zu berücksichtigen (z. B. Bewertung der Situation unter verschiedenen Gesichtspunkten, Einschätzung des Handlungsspielraums, Konsequenzen der Handlungsoptionen). Deshalb ist es ratsam, bezüglich der erfolgskritischen Situation Rückfragen zu stellen, um so genug Informationen für eine begründete Entscheidung zu erhalten. Die Wahl einer erfolgskritischen Situation sollte eine trennscharfe Situation darstellen. Die Parameter sollten einheitlich und genau beschrieben werden, sodass alle Bewerbenden die gleichen Informationen erhalten und eine Vergleichbarkeit zwischen den Antworten gewährleistet werden kann und die Unterschiede im Antwortverhalten auf die Bewerbenden zurückgeführt werden können.
  8. Im Gesprächsabschluss werden noch offen gebliebene sowie organisatorische Fragen geklärt und die Interviewer informieren über das weitere Vorgehen. 

Mithilfe des Multimodalen Interviews nach Schuler lassen sich Bewerbungsgespräche strukturiert durchführen, wodurch eine Vergleichbarkeit der bewerbenden Personen unter Berücksichtigung des Anforderungsprofils ermöglicht wird. Gleichwohl lässt die offene Struktur den Raum für ein interaktives Gespräch, womit ein Kennenlernen aller Gesprächsteilnehmenden gefördert wird und offene Fragen geklärt werden können.

Quellen:


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