Autorin: Claudia Weiler
Agiles Führen ist gerade sehr modern. Agiles Führen hat auch viele Vorteile, bei denen klassische Managementmethoden nicht mithalten können. Doch macht es Sinn, alles was sich in den traditionellen Managementmethoden bewährt hat über Bord zu werfen?
Leben wir in einer agilen Umwelt?
Die Seminarangebote und Fachartikel über eine neue Arbeitswelt nimmt zu. Immer häufiger hören wir, dass die (Arbeits-)Welt durch immer schnellere Veränderungen auf dem Markt geprägt ist (Volatilität).
Hinzu kommt, dass es immer unsicherer wird, was auf uns zukommt. Entwicklungen sind nicht mehr vorhersehbar. Es gibt also eine große Unsicherheit über die nahe Entwicklung der Zukunft. Viele Führungskräfte reden davon, dass sie nur noch auf Sicht fahren und den nächsten Schritt planen können, weil danach sowieso alles anders kommt als geplant.
Durch die stärkere Vernetzung der Unternehmen und Konsumenten steigt die Komplexität der Aufgabenstellung für viele Produkte. Diese erfordern mehr eine Musterkennung als eine Problemlösung.
Ambivalenzen sind in unserer Gesellschaft heute normal. Das Schwarz-Weiß-Denken hat sich in vielen Bereichen verabschiedet und ist durch ein Sowohl-als-Auch ersetzt. Es gibt mehrere Lösungen für das gleiche Problem, die alle ihre Berechtigung haben.
Das kennen Sie? Dann leben Sie in einer VUKA-Welt und sollten sich mit agiler Führung auseinandersetzen.
Aber haben alle Unternehmen ein agiles Umfeld? Gibt es nicht auch die Organisationen, die in einem weitestgehend stabilen Umfeld agieren, in denen Routine und komplizierte Aufgabenstellungen vorherrschen und die Antworten durchaus sehr klar und eindeutig sind?
Mit Sicherheit gibt es dieses Umfeld nicht in der absoluten reinen Form, aber es gibt Branchen, die genau durch ein stabiles und klar umrissenes Umfeld geprägt sind. In denen Sicherheit und klare Regeln sogar wünschenswert sind.
So zum Beispiel in einem Krankenhaus, in dem wir uns alle wünschen, dass die Ärzte und Pflegekräfte viel Routine haben und Experten auf ihrem Gebiet sind. Die möglichst nichts dem Zufall überlassen und sich nicht auf eine Operationsmethode einlassen, die noch nicht erforscht ist.
Wieviel klassische Führung und wieviel Agilität verträgt Ihr Team?
Und genau, weil nicht jedes Umfeld ein agiles Umfeld ist, braucht es mal mehr und mal weniger agile Führung. Damit kann man die Elemente der agilen Führung und Mindsets eher als Regulatoren sehen, die mal mehr hin zur agilen und mal mehr hin zur klassischen Führung geschoben werden können. Deshalb bleiben Sie als Führungskraft agil und erlauben sich zwischen den unterschiedlichen Ansätzen der klassischen und agilen Führung sich zu bewegen.
Klassische Führung zeichnet sich aus durch:
- Verantwortungen möglichst klar abgegrenzt und damit auch Hierarchien festgeschrieben werden; es gibt formelle Machtgefüge
- Die Führungskraft setzt die Ziele und Prioritäten
- Informationen werden selektiv an die Mitarbeitenden weitergegeben, je nachdem welche sie gerade brauchen
- Jede Abteilung ist eine Fachabteilung. Spezialisten haben jeweils ihr Thema
- Die einzelnen Ergebnisse werden zu einem zusammengeführt
- Die Führungskraft analysiert Kennzahlen/Ergebnisse und sucht nach Optimierungsmöglichkeiten
- Neue Produkte werden vor Markteinführung getestet und optimiert, so dass möglichst ein perfektes Produkt auf dem Markt erscheint. Die Markteinführung wird genau durchgeplant und kontrolliert
Bei dieser Art der Führung stehen die Ziele, Prozesse und Ergebnisse im Vordergrund. Langsames, sicheres Vorgehen dient der Qualitätssicherung. Damit werden häufiger Produktentwicklungen vorangetrieben als echte Innovationen. Dies führt zu einer höheren Stabilität.
Die Herausforderungen liegen für die Teams darin, dass jeder optimal informiert ist und die Zusammenführung der Ergebnisse aus den Abteilungen passgenau ist.
Die Mitarbeitenden müssen mehr von den Zielen und den Prozessen überzeugt werden, da die Entscheidungen meist bei der Führungskraft liegen. Die Identifikation mit den Zielen ist meist geringer als bei agilen Teams.
Die agile Führung zeichnet sich aus durch:
- Jeder im Team hat je nach Projekt unterschiedliche Rollen. Damit sind Hierarchien nicht mehr klar erkennbar und eindeutig
- Visionen, Ziele und Ergebnisse werden vom gesamten Team reflektiert und abgestimmt. Kunden und Lieferanten werden am Prozess beteiligt, so dass eine starke interne und externe Vernetzung stattfindet
- Es wird versucht eine transparente Informationspolitik in der Organisation sicherzustellen
- Es gibt ein ständiges monitoren der Markt-Trends, Informationen und Technologien, um Möglichkeiten (für Innovationen und Optimierungen) zu finden
- Produkteinführungen entstehen durch Trial and Error: Die Optimierung wird im Betrieb oder auch nach der Einführung des Produktes vorgenommen. Damit lernt das Team von den Feedbacks der Kunden und kann so das Produkt den Kundenwünschen anpassen
Bei dieser Art der Führung stehen Visionen, Innovationen und Ideen im Vordergrund. Es werden neue Kooperationen gebildet. Der Wunsch der Erste am Markt mit einem Produkt zu sein ist stärker ausgeprägt als die beste Qualität auf dem Markt zu bieten. Die Teams arbeiten interdisziplinär zusammen, so dass Schnittstellenprobleme seltener auftreten. Alles sind auf einem sehr hohen Informationsstand und können sich durch ihre hohe Beteiligung an Entscheidungen sehr gut mit der Organisation identifizieren.
Die Herausforderungen im agilen Management sind, die starken Dynamiken auch zu verstehen und Ambivalenzen auszuhalten.
Da die Produkte vor der Markteinführung nicht vollständig ausgereift sind, braucht es oft nicht nur hohe finanzielle Ressourcen. So hat Apple mehr Produkte auf den Markt gebracht, die nicht erfolgreich waren als erfolgreiche.
“Sowohl als auch” ist auch eine Lösung
Beide Ansätze haben je nach Marktsituation Vor- und Nachteile. Als Team ist es deshalb wichtig, sich auch im Mindset Agilität zu bewahren und das beste der alten und der neuen Managementmethoden zu vereinen.
Archiv
- 2024
- 2023
- 2022
- 2021
- 2020
- 2019
- 2018
- 2017