Diversity ist eines DER Buzzwords schlechthin – Behörden und Unternehmen schreiben es sich gern auf die Fahnen, um für potenzielle neue Mitarbeitende attraktiver zu werden.

Dabei ist echte Diversität bzw. Vielfalt nichts, was von allein wächst: Sie muss sorgfältig implementiert und gepflegt werden. Das ist aufwendig und teuer, lohnt sich aber – denn fehlende oder nur vorgetäuschte Diversität kommt Arbeitgeber auf lange Sicht gesehen noch viel teurer zu stehen.

Definition von Diversity

Diversity, also Vielfalt, will gleiche Chancen für Menschen

Die Definition von Diversity – Gleichbehandlung und Inklusion aller Personen – ist einfacher als die Umsetzung.

Diversity – eine Modeerscheinung?

Vielfalt, das haben verschiedene Studien hinreichend belegt, wirkt sich positiv auf den Unternehmenserfolg aus – auch und dann, wenn sie in der Führungsetage gelebt wird: Die Erträge sind höher, die Mitarbeitenden zufriedener. Man sollte annehmen, dass dieser Umstand ausreicht, damit sich Diversität an Arbeitsplätzen etabliert und zur Normalität wird.

Aktuell scheint das Pendel aber in die andere Richtung zu schwingen. In den USA, aber auch in anderen Ländern wird zunehmend der Ruf nach einfacheren Lösungen laut. Man will sich keine Vorschriften mehr machen lassen, was man sagen und auf wen man Rücksicht nehmen soll. Zeichen der Diversität und gelebten Vielfalt werden oft sogar verpönt. Unternehmen wie VW, SAP und die Telekom sind eingeknickt und haben einige Diversitätsprogramme in den USA gestrichen – ganz so, als seien Vielfalt und Inklusion Modeerscheinungen, die man problemlos wieder abschaffen kann, wenn der Wind sich dreht.

Haltung bewahren in rauen Zeiten

Es gibt Gegenbeispiele. Unter anderem hat Milram, die Hauptmarke des Deutschen Milchkontors, mehrere Sorten Scheibenkäse mit limitierten Aufdrucken herausgebracht, auf denen Menschen verschiedener Haut- und Haarfarben zu sehen sind. Das Ergebnis: Ein veritabler Shitstorm vonseiten derer, denen die Menschen nicht gleichförmig genug sein können. Und ein noch viel größerer Lovestorm von jenen, denen das dauernde Narrativ, dass „die anderen“ an jeder Misere schuld sind, längst zu viel geworden ist.

Denn diese “Anderen” sind längst Bestandteil unserer Gesellschaft. Es mag en vogue sein, medial oder vom politischen Rednerpult aus Menschen mit Migrationshintergrund für Probleme verantwortlich zu machen. Fakt ist aber, dass 36 Prozent der unter 25-Jährigen in Deutschland einen Migrationshintergrund haben. Gibt man ihnen zu verstehen: ihr gehört dazu, ihr seid natürlich Teil vom großen Uns – dann ist das eine solide Basis für ein gesundes Miteinander.

Wer nun rechnet und sich denkt: 36 Prozent, das ist ja weniger als die Hälfte – der sei daran erinnert, dass es nicht nur die Betroffenen selbst sind, die eine derartige Haltung als positiv empfinden. Die meisten Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus urdeutschen Familien haben Freunde und nahestehende Personen, deren Wurzeln im Ausland liegen. Sie erschrecken vor der grassierenden Ablehnung und wünschen sich eine harmonische und offene Gesellschaft.

Deshalb lohnt es sich, auch bei Gegenwind an den eigenen Werten festzuhalten, auch dann, wenn die lautesten Stimmen dagegen sind. Denn bei allem Lärm sind sie nicht in der Überzahl, und sie sind auch nicht diejenigen, die mit ihrer Vorgehensweise langfristig Erfolg haben werden. Unser aller Lebensrealität lässt das auf die Dauer gar nicht zu.

Vorsicht vor Diversity-Washing!

Diversität ist wichtig, um auf dem Arbeitsmarkt Bestand zu haben. Sie ist ein wichtiger Baustein einer funktionierenden Gesellschaft, an der alle beteiligt sind. Eines aber ist sie nicht: ein Feigenblatt. Manche Behörden und Unternehmen bezeichnen sich als vielfältig und schrecken vor jeder inkludierenden Maßnahme zurück, die Kosten mit sich bringt.

Das ist nicht nur eine Vorspiegelung falscher Tatsachen, sondern wird auch von den Mitarbeitenden abgestraft. Das Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsnetzwerk Ernst & Young hat in einer Umfrage zu Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion am Arbeitsplatz mehrere interessante Punkte herausgefunden:

Kurz: Wer behauptet, dass Vielfalt zur Unternehmenskultur gehört, obwohl dem nicht so ist, benachteiligt sich selbst auf dem ohnehin umkämpften Arbeitsmarkt.

Diversity ist kein Selbstläufer

Behörden und Unternehmen können nicht beschließen, dass sie ab jetzt vielfältig und inklusiv sind – es erfordert viel Arbeit, Kosten und Mühen, diesen Status zu erreichen. Einige Schritte sind leichter zu gehen als andere – etwa das Blind Hiring: Bewerbungen ohne Fotos, Namen, Alter und Geschlecht der am Job Interessierten. Andere Maßnahmen sind teurer, etwa:

Es ist kaum möglich, ein Diversity-Programm durch Mitarbeitende neben ihrer eigentlichen Arbeit in der Behörde oder im Unternehmen zu integrieren: Dafür sollten Diversity-Manager engagiert werden, die mit der entsprechenden Weisungsbefugnis und mit Geldmitteln ausgestattet werden. Das ist allein deshalb schon nötig, weil der Implementierungsprozess dauern und mit Problemen einhergehen kann.

Tipp: Räumen Sie dem Prozess ausreichend zeitliche Kapazitäten ein, auch wenn Sie dafür Ihre Prioritäten neu ordnen müssen!

Hindernisse bei der Transformation zum vielfältigen Arbeitsplatz

Vielfältige Teams, heißt es oft verkürzt, bringen durch die unterschiedlichen Blickwinkel ganz verschiedene Ideen zusammen, was Innovation ermöglicht. Das ist zwar soweit richtig, allerdings ist das meist das Ergebnis langer, harter Arbeit: Zu Beginn der gemeinschaftlichen Arbeit ist in diesen Teams naturgemäß die Kooperationsbereitschaft geringer als in Teams, die sich ohnehin in allem einig sind.

Kommen Sprachbarrieren hinzu, ist eine engmaschige Kommunikation häufig nicht einmal möglich. In solchen Fällen steigt die Frustration und die Produktivität sinkt. Wichtig ist unter solchen Umständen, Zeit und Ressourcen einzuplanen, um die Probleme zu bewältigen: Sprachkurse sowie Coachings und Schulungen zu einer fruchtbaren, offenen Zusammenarbeit sind unabdingbar. Erst, wenn die Teammitglieder es schaffen, die Vielfalt der Anschauungen als positiv zu begreifen, ist gemeinsame Produktivität möglich.

Fazit: Diversity ist schwer zu erreichen, aber lohnenswert

Jüngere Fachkräfte empfinden häufig eine weniger starke Bindung an ihre Arbeitgeber, als das bei älteren Mitarbeitenden der Fall ist: Wo es früher nicht selten vorgekommen ist, dass Mitarbeitende bei einem Arbeitgeber ihre Ausbildung gemacht und bei ihm auch in Rente gegangen sind, ist das heute kaum mehr der Fall. Es obliegt daher den Behörden und Unternehmen, ein Umfeld zu schaffen, in dem die Mitarbeitenden sich angstfrei bewegen und sich gern einbringen.

Für alle, die nicht einer wie auch immer gearteten „Norm“ entsprechen, werden Arbeitgeber mit Diversity-Programmen zum Safe Space: Gelebte Vielfalt bietet Sicherheit vor Diskriminierung und die Chance, sich ganz auf den Job zu konzentrieren und sich engagiert einbringen zu können. Die Atmosphäre in an solchen Arbeitsplätzen wertschätzend und positiv. Dadurch fühlen sich alle Mitarbeitenden wohler im Alltag – ganz gleich, ob sie ohne Diversity-Programm benachteiligt wären oder nicht. Die Anstrengungen und Investitionen lohnen sich also, selbst, wenn Sie zu Beginn der Veränderung den monetären Wert noch nicht erkennen können.


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