Autorin: Claudia Weiler, Organisationsberaterin, Teamentwicklerin und Führungskräftecoach

Als Alexander Gerst von seiner Weltraum-Mission zurückkam, betonte er in der Pressekonferenz vom 22.12.2018, dass Raumfahrt von Teamarbeit lebt und ein Astronaut nur so erfolgreich sein kann, wie das Team dahinter. Spitzenleistungen können nur gelingen, wenn ein Team zusammenhält und jeder seine Aufgaben verlässlich erledigt und seine Verantwortung übernimmt. Auch in Unternehmen sind gute Teams ein wichtiger Faktor für den Markterfolg.

I. Wieso ein Team?

Je besser ein Team funktioniert, umso größer wird die Arbeitsfähigkeit und die Produktivität steigt. Um Innovationen zu entwickeln und zur Marktreife zu bringen, braucht es erfolgreiche Teams, denn durch einen konstruktiven Austausch entstehen neue Ideen und Verbesserungen. Deshalb ist es für eine Führungskraft eine wichtige Aufgabe, das Team und den Teamgeist im Blick zu haben, zu steuern und zu fördern.

In einem Team mit positivem Teamgeist werden die Unterschiedlichkeiten der Teammitglieder akzeptiert und jeder bringt seine Stärken mit ein. Schwächen einzelner können so ausgeglichen werden. Damit ist das Team mehr als die Summe jeder einzelnen Leistung, denn die Teammitglieder können voneinander lernen. So lassen sich erfolgreiche Strategien multiplizieren. Durch diese Arbeitsteilung machen sich die Teammitglieder voneinander abhängig und können nur gemeinsam ihr Ziel erreichen. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass jeder im Team sich auf den anderen verlassen kann und ein gegenseitiges Vertrauen im Team herrscht.

Damit braucht das Team ein Klima, in dem jeder sich wohlfühlt. Der gemeinsame Umgang sollte von Respekt, Vertrauen, Hilfsbereitschaft, Lernbereitschaft, Loyalität, Engagement für die Sache und die anderen Teammitglieder geprägt sein. Die Gewichtung der Werte macht dann den individuellen und unverwechselbaren Teamcharakter aus. Mit diesen Werten und deren Gewichtung sollten sich alle Teammitglieder stark identifizieren können. Das schafft Stabilität und Orientierung im Team. Gleichzeitig ermöglicht es Flexibilität und Diversität, die für Wachstum, Weiterentwicklung sowie Innovation notwendig sind. Diese Wertegewichtung macht die DNA eines Teams aus. Die Mischung entscheidet, wie dynamisch, fortschrittlich, prozess- oder ergebnisorientiert, stabil, risikobereit oder sicherheitsorientiert ein Team ist. Die Teammitglieder selbst spüren, was ihr Team ausmacht. Wenn man sie fragt, was könnt ihr besonders gut, dann herrscht hierrüber eine sehr klare und weitestgehend ähnliche Wahrnehmung. Auch Außenstehende spüren oft sehr schnell, was das Team ausmacht. Wenn ich während meiner Beratungen das erste Mal die Räume in einem Unternehmen betrete, merke ich oft schon beim Betreten des Empfangs die ersten Normen und Werte in einem Unternehmen: Die Art der Begrüßung, die Einrichtung des Empfangs, wie die Auftraggeber von sich, ihren Teams und ihren Problemen berichten, worüber sprechen sie, was wird nicht erwähnt. Das macht den Teamgeist auch für andere spürbar.

Nicht nur Beratern gegenüber, auch Bewerbern, Kunden und Lieferanten. Genau deshalb beginnt gute Teamentwicklung schon bei der Auswahl der Bewerber. Nur wenn die Bewerber zur DNA des Teams passen, kann die Integration erfolgreich sein. Denn auch die Mitarbeiter müssen ihre Bereitschaft und ihr Engagement mit einbringen, damit Teamwork funktioniert.

II. Elemente einer positiven Teamkultur

Um ein Team aufzubauen, braucht es verschiedene Elemente, die ständig gepflegt werden sollten und erfahrbar für alle sind. Dies können Führungskräfte steuern:

Zunächst müssen die Führungskräfte für alle die Sinnhaftigkeit der Aufgaben und das konkrete Anliegen an die Erfüllung der Aufgabe vermitteln. Erst wenn alle sich mit der Teamaufgabe identifizieren und klar erkennen, welchen Sinn in einem größeren Gesamtzusammenhang ihr Tun hat, entsteht ein Sog für alle, dass sie sich für dieses Anliegen engagieren und sich in das Team einbringen wollen. Hier ist die Führungskraft mit all ihrer Überzeugungskraft und Begeisterungsfähigkeit gefragt. Eine gute Kommunikationsfähigkeit und Leidenschaft für das eigene Tun, sind für alle spürbar und machen die Aussagen der Führungskraft glaubhaft und Mitarbeiter sind bereit sich der Idee des Unternehmens anzuschließen. Zahlreiche bekannte Führungspersönlichkeiten sind hierfür ein Beispiel, wie Steve Jobs, Gandhi, Barack Obama, Nelson Mandela, etc.

Gleichzeitig braucht die Führungskraft das Vertrauen, dass das entworfene Zukunftsbild erstrebenswert und zukunftsfähig ist. Es braucht Zeit, um zu überzeugen. Die Mitarbeiter brauchen im Alltag Erlebnisse, in denen sie die Zukunftsvision und Werte konkret wiederfinden. Es braucht für sie begründete Hoffnung, dass das Zukunftsbild erreichbar ist, ein Plan da ist, der erreicht werden kann und eine Struktur besteht, die zur Realisierung des Zukunftsbildes förderlich ist. Das erfordert von allen im Team Selbstvertrauen, Durchhaltevermögen, Disziplin, Kompromissbereitschaft, Rücksichtnahme, Kritikfähigkeit und gleichzeitig den Mut, die eigene Meinung zu vertreten. Nur so kann nachhaltig an dem gemeinsamen Anliegen gearbeitet werden, um sich dem Idealzustand anzunähern.

Diese Orientierung an das große Anliegen führt dazu, dass das Team sich gemeinsame Ziele setzt, die es zusammen erreichen möchte. Dies kann durch die Führungskraft Top Down erfolgen oder durch einen Zielfindungsprozess, in dem Teile oder das gesamte Team integriert ist. Gerade wenn die Ziele ehrgeizig und herausfordernd sind, schweißt dies das Team zusammen. Denn das gemeinsame Überwinden von Hindernissen, Problemen und das Meistern von Herausforderungen führt dazu, dass man lernt sich zu vertrauen, schafft ein Gruppenselbstvertrauen und -verständnis und führt zu einem gewachsenen Zusammengehörigkeitsgefühl. Es entsteht dadurch eine gemeinsame Vergangenheit. Wenn Teams anfangen auf Unternehmensfesten zu erzählen: „Weißt du noch als wir…“ und das Team erinnert sich an die guten und schlechten Zeiten, dann reflektiert das Team unbewusst darüber, was es ausmacht, welche Normen sich etabliert haben und was sie gemeinsam geleistet haben.

Der Zusammenhalt wird gefeiert, noch einmal heraufbeschworen. Diese Ressourcen sind wichtig, denn wenn das Team weiß, was es kann, dann weiß es auch, auf welche Stärken es zurückgreifen kann, wenn neue Herausforderungen auf das Team zukommen. Diese Strategien machen das Team leistungsfähiger und produktiver.

III. Steigerung der Motivation im Team

Um die Motivation im Team zu steigern, müssen alle die Notwendigkeit des Handelns erkennen. Dazu braucht es Transparenz darüber, was gerade aktuell im Unternehmen passiert: Wer arbeitet an welchen Themen/Projekten? Welche Probleme gibt es gerade und was funktioniert besonders gut. Was soll in naher und ferner Zukunft noch gemacht werden, um die nächsten Schritte zu planen und ein ehrlicher Umgang mit dem was auf das Team in der Zukunft zukommt, sofern dies von den Führungskräften absehbar ist. Ein frühzeitiges Informieren vermindert die Gerüchteküche und Spekulationen im Team, die von der eigentlichen Aufgabe nur ablenken und oft zu Unzufriedenheit führt.

Transparenz braucht auch eine akzeptierte Feedbackkultur im Unternehmen. Sie fördert Leistungsbereitschaft, Weiterentwicklung und Anerkennung, denn so reflektiert jeder im Team sein Verhalten und welche Auswirkungen es auf andere Teammitglieder hat.

Dazu braucht es Instrumente, die es der Führungskraft, dem Team und den einzelnen Mitarbeitern ermöglichen, zu beobachten, was gerade im Team passiert, zu bewerten, welche Auswirkungen dies auf das Team hat und zu reflektieren, was beibehalten oder verändert werden sollte. Durch das Feedback kann jeder für sich selbst erkennen, welchen Anteil er an dem Teamergebnis hat und keiner kann sich hinter den anderen verste- cken. Dies führt zu einem stärkeren Gerechtigkeitsgefühl im Team, so dass kein Neid oder Missgunst aufkommen können.

Hinzu kommt, dass trotz allem Teamgeist jeder auch ein Individuum ist und als solches auch wahrgenommen werden möchte. Deshalb ist das Feedback auch eine Anerkennung der eigenen Leistung und unterstützt auch die Wahrnehmung der eigenen Ziele ohne die Teamziele zu behindern. Jeder kann erkennen, dass er auch innerhalb des Teams noch als eigenständige Person wahrgenommen wird – im Idealfall nicht nur von der Führungskraft, sondern auch von den Kollegen oder eigenen Mitarbeitern. Dies heißt wiederum, dass es sich für jeden einzelnen lohnt, sich in das Team mit vollem Engagement einzubringen.

Je kritikfähiger die einzelnen Teammitglieder sind und auch die Bereitschaft für Veränderungen und Verbesserungen haben, umso mehr entwickelt sich auch das Team und die Teamkultur weiter und passt sich den Rahmenbedingungen, in denen das Team agiert, an. Gemeinsame Lösungen können so im Interesse des gemeinsamen Anliegens gefunden werden. Dabei ist ständige Harmonie nicht förderlich, sondern führt leichter zum Stillstand im Team. Diskurs und Meinungsverschiedenheiten führen bei einer konstruktiven Diskussionskultur gerade dazu, dass man sich besser kennen lernt, sich untereinander besser einschätzen kann und Fortschritt und Verbesserungen oder gar Innovationen im Team möglich werden. Vertrauen wird aufgebaut und gemeinsame Lösungen können gefunden werden. Dazu braucht es kritikfähige Teammitglieder einschließlich der Führungskraft.

Je besser wertschätzend Kritik geäußert wird, aber auch der Kritikgeber eine Wertschätzung erfährt, umso mehr wird der Austausch im Team gefördert und Wachstum und Weiterentwicklung ermöglicht.

IV. Maßnahmen

Eine wichtige Maßnahme für einen guten Teamgeist, die jede Führungskraft ernst nehmen sollte, ist die klare Definition der Verantwortlichkeiten der einzelnen Teammitglieder. Dabei muss die Führungskraft eine Balance zwischen Klarheit und konkreten Definitionen und Raum für Sonderfälle wie Projektarbeit und unvorhergesehene Ereignisse schaffen. Ist die Verantwortlichkeit zu eng gesteckt, dann passiert es, dass Teammitglieder die Hände heben und sagen: „Dafür bin ich nicht verantwortlich, das macht …!“ Sind die Verantwortlichkeiten zu ungenau, dann fühlen sich entweder mehrere Teammitglieder gleichzeitig verantwortlich und es entstehen Doppeltarbeiten oder es fühlt sich keiner verantwortlich und Arbeiten bleiben liegen. Deshalb ist es die Aufgabe der Führungskraft immer wieder zu kontrollieren, wie sich die einzelnen Aufgaben entwickeln. Das Gesamtziel muss von der Führungskraft im Auge behalten werden und sie muss gegebenenfalls regulierend eingreifen.

Darüber hinaus braucht die Führungskraft ein gutes Gespür, wer im Team welche Stärken und Schwächen hat, um diese zu nutzen und auszugleichen. Darüber sollte im Team ausreichend Transparenz herrschen, auf welche Stärken die Führungskraft baut. Ein hilfreiches Instrument hierzu sind Mitarbeiterjahresgespräche, in denen die Mitarbeiter und Führungskräfte gemeinsam ihre Einschätzung über die Fähigkeiten und Talente der Mitarbeiter austauschen können und nächste Schritte planen können, die den einzelnen Mitarbeiter und das Team weiterbringen. Das ist darüber hinaus eine besondere Anerkennung des Einzelnen und lässt damit auch Individualität im Team zu. Gleichzeitig unterstützt dies die Diversität im Team, so dass Unterschiedlichkeiten von allen geschätzt und als Bereicherung angesehen werden. Reflektiert das Team auch immer wieder über die Vorteile der Unterschiedlichkeiten, können erfolgreiche Strategien einzelner Teammitglieder von den anderen mit übernommen und damit auch die Qualität im Team gesteigert werden. Dies erhöht auch die Qualität des Outputs der Abteilung und damit auch das Gesamtergebnis des Unternehmens.

V. Integration neuer Mitarbeiter

Bei alldem darf die Integration neuer Mitarbeiter nicht vergessen werden. Diese müssen nicht nur lernen, wie die Prozesse und Regeln innerhalb des Unternehmens funktionieren, sondern sie müssen auch in die Teamkultur mit eingebunden werden. Sie kennen noch nicht die ungeschriebenen Regeln und Normen im Team. Sie orientieren sich insbesondere an dem Verhalten der Führungskraft und der anderen Teammitglieder. Dabei ist ihre Bewertung des Verhaltens immer auf ihre eigenen Erfahrungen in anderen Teams bezogen, da ihnen für das neue Team noch die Referenzen fehlen. Dies kann zu falschen Interpretationen und ungewünschtem Verhalten führen. Bei einem Auftrag haben wir genau dies erlebt. Langjährige Mitarbeiter und neue Mitarbeiter hatten wenig Verständnis füreinander. Die langjährigen Mitarbeiter haben die Probleme der neuen Mitarbeiter nicht verstanden („Aber das machen wir doch schon. Wieso macht ihr das nicht so, das haben wir schon in einem Workshop vor x Jahren besprochen.“) und die Neuen haben die langjährigen Mitarbeiter nicht verstanden („Das ist aber kompliziert. Wieso können wir das nicht anders machen?“). Deshalb ist es von besonderer Bedeutung, dass die Führungskraft sich auch die Zeit nimmt, um die informellen Regeln, Normen und Werte des Teams mit dem neuen Mitarbeiter und langjährigen Mitarbeitern zu reflektieren und für einen gemeinsamen Austausch zu sorgen. Dabei kann die Führungskraft mit dem Mitarbeiter und auch mit dem Team klar die Werte und Normen (neu) definieren und erklären, wie diese im Alltag des Teams gelebt werden. Diese Werte und Regeln geben dem neuen Mitarbeiter eine wichtige Orientierung, sofern die Werte klar und eindeutig definiert sind (jeder versteht sie gleich), eine echte Identifikation mit den Werten und Normen stattfindet und die Gewichtung der Werte ähnlich gelagert sind. Dieser Integrationsprozess hilft nicht nur dem neuen Mitarbeiter sich schneller in das Team zu integrieren, sondern auch dem Team, um die bestehenden Gepflogenheiten zu überprüfen und ggf. auch Neues ins Team zu integrieren. Deshalb ist ein Austausch ein unschätzbarer Wert, auch wenn dabei das operative Geschäft für eine gewisse Zeit stillsteht.

VI. Transparente Kommunikationskultur

Eine positive und konstruktive Teamkultur steigert die Leistung und die Ergebnisse in einem Unternehmen. Damit dies möglich wird, kann die Führungskraft durch klare Verantwortlichkeiten und Strukturen, eine wahrgenommene Vorbildfunktion, eine transparente Kommunikationskultur und Sinnstiftung für die Aufgaben den Teamgeist steuern. Aber auch die Mitarbeiter müssen die Bereitschaft haben, sich auf das Team und die Teamkultur im Unternehmen einzulassen und offen über ihre Eindrücke, wie sie das Team erleben und sich selbst im Team fühlen, sprechen. Nur so können Probleme gelöst werden und ein Gemeinschaftsgefühl entstehen. Eine gelebte und von allen wahrgenommene Verantwortungskultur kann so entstehen.

10 Tipps wie Führungskräfte Teamgeist fördern können:


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