Vor 30 Jahren starteten in Bonn zwei junge Gründer das „zfm – Zentrum für Management- und Personalberatung“. Es folgten überraschende Chancen, schwierige Missionen und schlussendlich solider Erfolg. Heute hat sich zfm als Spezialist für die Besetzung von Stellen im öffentlichen Sektor etabliert. Im Interview blickt Gründer Edmund Mastiaux zurück auf die wilden Anfangsjahre und skizziert die kommenden Umbrüche in der Branche.

Wann hatten Sie zum ersten Mal die Idee, Personalberater zu werden?

EM: Das muss während meines BWL-Studiums gewesen sein: Ich arbeitete damals als Praktikant bei Wolfram Hatesaul, einem bekannten – und schillernden – Unternehmensberater in Bonn. Seine Kunden waren erstklassig – genau wie die Projekte. Wenn Gerling, Kaufhof oder Henkel einen Topmanagement-Posten zu besetzen hatten, riefen sie bei Hatesauls Firma P & M an. Mich hat begeistert, dass ich dort als Praktikant wie ein vollwertiger Mitarbeitender behandelt wurde. Ich saß im Assessment Center dabei, wenn Topmanager ausgewählt wurden, und mein Name stand in den großen Anzeigen, die im „Handelsblatt“ geschaltet wurden. Darauf war ich immer stolz. Bei P & M habe ich auch mein erstes Bewerbungsgespräch geführt – eher aus Zufall, weil an diesem Tag die ganze Belegschaft auf einem Betriebsausflug in Rom war (lacht). Eine wilde Zeit. Danach wusste ich: „Das willst du auch machen.“ Nach dem Studium stieg ich dann zunächst als Berater bei P & M ein.

Fünf Jahre später haben Sie Ihren Traum von der eigenen Firma verwirklicht …

EM: Ja, am 1. Januar 1991 habe ich zusammen mit einem Freund zfm gegründet. Zunächst haben wir Rhetorik- und Kommunikationstrainings angeboten; das nötige Wissen hatten wir uns während des Studiums angelesen. Darüber hinaus haben wir freiberufliche Trainer an Weiterbildungsträger vermittelt. Viel Erfahrung konnten wir nicht vorweisen – aber das haben wir mit Fleiß ausgeglichen. Um neue Kunden zu gewinnen, haben wir zum Beispiel alle Industrie- und Handelskammern in Deutschland angeschrieben und besucht. Viel Arbeit, aber es hat funktioniert!

Wissen Sie noch, welche Stelle Sie als Erstes besetzt haben?

EM: Den ersten echten Suchauftrag bekamen wir 1995 vom Flughafen Köln/Bonn: eine Chefsekretärin für den damaligen Geschäftsführer. Der Weg zu diesem Auftrag war allerdings steinig! Ich musste unsere Firma zunächst vor dem versammelten Führungskräftekreis vorstellen – und ausgerechnet an diesem Tag war auf der Autobahn Stau! Ich kam eine Dreiviertelstunde zu spät und konnte mir reichlich kritische Fragen anhören – „Wie alt sind Sie?“ oder „Haben Sie schon einmal für einen Flughafen gearbeitet?“ Letzten Endes bekamen wir den Auftrag trotzdem und konnten eine tolle Kandidatin vermitteln. Sie hat drei weitere Geschäftsführerwechsel „überstanden“ und ist erst vor etwa vier Jahren in Rente gegangen.

Auf welches Projekt aus der Anfangszeit sind Sie besonders stolz?

EM: Als die Airline German Wings 2002 in Köln an den Start ging, mussten wir in nur vier Wochen 25 Personen für den Check-in finden. Ein echter Marathon! Wir schalteten eine komplette Seite Anzeigen im „Kölner Stadtanzeiger“, und dann ging’s los: Rund um die Uhr Bewerbungen sichten – insgesamt mehrere Hundert –, tagsüber Telefoninterviews, danach bis Mitternacht am Flughafen persönliche Gespräche führen. In der Regel wurden von zehn Personen in jeder Runde ein bis zwei ausgewählt. Als German Wings dann am ersten Tag buchstäblich „startete“, bin ich morgens um 5 Uhr mit einigen Mitarbeitenden zum Flughafen gefahren und konnte einen reibungslosen Arbeitsbeginn miterleben. Wir hatten eine tolle Truppe gefunden. Ein super Gefühl!

In Ihrem eigenen Lebenslauf steht, dass Sie über eine Fußballtrainer-Lizenz verfügen. Wie kam es dazu?

EM: Ich bin auf dem Bauernhof meiner Eltern in der Eifel aufgewachsen und habe mich in der katholischen Gemeinde dort früh in der Jugendarbeit engagiert; ursprünglich sollte ich sogar Priester werden, da es einige Geistliche in der Familie gab. In der örtlichen Fußballmannschaft habe ich auch mit dem Kicken angefangen, aber das hat mir irgendwann nicht mehr gereicht. Mit 24 habe ich dann meinen Trainerschein gemacht und ein Jahr lang die ASG Uni Bonn trainiert, eine Studentenmannschaft. Parallel dazu habe ich beim Fußballverband Rheinland Kommunikationsseminare für Fußballtrainer gegeben – eine echte Marktlücke! 2008 war ich für ein Wochenende Trainer des ehemaligen Bundesligisten Bayer Uerdingen und habe die Mannschaft in zwei Spielen betreut. Solche Aufgaben haben mich schon immer gereizt, deshalb habe ich zunächst auch auf Lehramt studiert, bin später allerdings auf VWL und BWL umgeschwenkt. Die Alternative zur Personalberatung wäre für mich immer Fußballbundestrainer oder Inhaber einer Spielerberatungsagentur gewesen …

zfm ist als Spezialist für den öffentlichen Sektor bekannt. Was war der Auslöser dafür?

EM: Ende der 1990er Jahre bekamen wir eine Anfrage der Stadt Aachen: Die Ämter sollten in neue Fachbereiche umorganisiert werden. Quasi alle Führungspositionen waren neu zu besetzen, überwiegend durch interne Auswahlverfahren. Das war unser Einstieg in den öffentlichen Dienst und brachte uns wichtige Kontakte in die Politik, aus denen sich bis zum heutigen Tag landesweit viele weitere Projekte und Suchaufträge ergeben haben.

Viele Berater meiden Städte und Kommunen als Kunden – zu bürokratisch, zu komplex. Warum Sie nicht?

EM: Ich denke, es ist wichtig, sich auf die Besonderheiten des öffentlichen Sektors einzustellen. Man muss zum Beispiel verstehen, dass hier Personalentscheidungen auf Top-Ebene von Fall zu Fall auch dazu dienen, Parteipolitik umzusetzen. Das heißt, die Politik speist oft potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten ein. Wir schauen natürlich zunächst auf die Eignung. Das Prinzip der Besten-Auslese ist extrem wichtig und gesetzlich verbrieft. Aber gelegentlich kann die Eignungsdiagnostik dort enden, wo die Politik anfängt. Hier mussten wir ab und zu Lehrgeld bezahlen …
Außerdem sind die Besetzungsverfahren in der Verwaltung sehr komplex. Ein möglicher Beigeordneter zum Beispiel muss zunächst einer Findungskommission präsentiert werden, die mitunter aufgrund von politischen Mehrheiten entscheidet. Die dort ausgewählte Person stellt sich dann in den Fraktionen vor, anschließend erfolgt die Wahl im Rat der Stadt. Wir müssen bei allem immer die politischen Konstellationen im Blick haben, sonst funktioniert es nicht. Neben dem Prinzip der Besten-Auslese findet im Nachgang eine politische Bewertung statt.
Zudem ist Geduld wichtig. Einem Entscheidungsträger in der öffentlichen Verwaltung kann man nicht einfach sagen „Ich habe hier drei Kandidaten, die ich Ihnen am nächsten Mittwoch vorstelle“. Hinter Personalentscheidungen stehen oft Gremien, und die lassen sich nicht hopplahopp einberufen. Deshalb ist eine solide Terminplanung bei öffentlichen Kunden extrem wichtig.

Wie häufig kommen Personalberater im öffentlichen Sektor überhaupt zum Zug?

EM: Das kam früher fast nur in öffentlichen Unternehmen vor, zum Beispiel bei Sparkassen und Stadtwerken. Doch mittlerweile ist auch direkt in den Kommunen die Wertschätzung für unsere Arbeit deutlich gestiegen. Man hat uns als seriösen und natürlich politisch neutralen Berater zu schätzen gelernt. Insgesamt sind die Kommunen aufgeschlossener uns gegenüber geworden, auch gegenüber Quereinsteigern. Wobei diese Öffnung meiner Meinung nach noch weiter gehen könnte. Eine Hürde ist zum Beispiel nach wie vor, dass öffentliche Arbeitgeber auf gewisse Qualifikationen wie ein wissenschaftliches Hochschulstudium bestehen, die – anders als in der Wirtschaft – nicht durch Erfahrungen ersetzt werden können. Zudem sind Städte und Gemeinden beim Gehalt weniger beweglich. Das macht es schwerer, Quereinsteiger zu begeistern.

Wie hat sich Ihre Arbeit in den letzten 30 Jahren verändert?

EM: Der Ablauf ist grundsätzlich gleich geblieben: Wir beginnen damit, Kandidatinnen und Kandidaten zu akquirieren, zum Beispiel über eine Stellenanzeige.
Daneben recherchieren wir in unserer eigenen Datenbank mit über 50.000 Personen. Als weitere Quelle sind in den letzten Jahren die sozialen Medien dazugekommen, doch anders als von vielen gedacht, liefern diese auch keine passenden Bewerber „auf Knopfdruck“ … Sehr wichtig sind nach wie vor Multiplikatoren – wer kennt wen? Deshalb halten wir engen Kontakt mit ehemaligen Bewerbern oder Kunden. Haben wir genug geeignete Personen gefunden, treffen wir eine Vorauswahl – heute übrigens immer häufiger per Video-Chat. Für Erstgespräche und Umfeld-Interviews hat sich das bewährt.
Dann beginnt das Auswahlverfahren – der vielleicht spannendste Teil der Arbeit, weil man nie weiß, wie es ausgeht. Manchmal verhält sich ein Kandidat in jedem Gespräch anders und man wird nicht schlau aus ihm.
Manchmal ist es der Kunde, der überraschend reagiert. Spannend ist immer, zwischen den Parteien zu vermitteln, den Kunden vom richtigen Bewerber zu überzeugen. Ihn zu überreden macht allerdings keinen Sinn. Spätestens in der Probezeit kommt das als Bumerang zurück. In der Regel verlassen 50 Prozent der Neuzugänge das Unternehmen innerhalb der Probezeit wieder – unsere Erfolgsquote liegt garantiert bei 97 bis 98 Prozent. Geht unser Mann oder unsere Frau vorher, suchen wir neu – in der Regel honorarfrei.

Bemerken Sie auch Veränderungen bei den Bewerbenden?

EM: Grundsätzlich stehen weniger Kandidatinnen und Kandidaten zur Verfügung, bedingt durch die demografische Entwicklung. Und die verbleibenden Talente sind umso wählerischer! Geld allein überzeugt viele kaum noch. Hier mag hineinspielen, dass einige finanziell gut dastehen, etwa durch eine Erbschaft, aber das allein ist es nicht. Immer mehr Leute wollen Gutes tun und eine Tätigkeit ausüben, die Sinn stiftet – was ja gerade für die öffentliche Hand spricht!
Schließlich geht es genau hier nicht nur um BWL. Bei den Stadtwerken zum Beispiel können defizitäre Bereiche, denken Sie an den ÖPNV, nicht einfach eingestellt werden. Generell nachgelassen hat der Fokus auf die Karriere. Die meisten Führungskräfte fühlen sich zwar immer noch geschmeichelt, wenn der Personalberater anruft, doch immer weniger wollen sich mit Haut und Haaren dem Aufstieg verschreiben. Wenn ich einen Amtsleiter anspreche und ihm den Posten eines Beigeordneten anbiete, kommt es häufiger vor, dass er abwinkt – weil er weiß, dass die Beförderung bedeuten würde, zwei bis vier Tage die Woche abends auf Terminen unterwegs zu sein. Das nachlassende Karrierestreben zeigt sich auch daran, dass immer weniger bereit sind, für den Job umzuziehen.

„In Zukunft besetzt der Algorithmus die Stelle“– solche Prognosen sind heute häufig zu hören. Was halten Sie davon?

EM: Wir stehen der Technologie grundsätzlich offen gegenüber. Es gibt Abläufe, die sich problemlos automatisieren lassen – das Versenden von Eingangsbestätigungen und Zwischenbescheiden zum Beispiel. Auch in der Vorauswahl können automatische Filter sinnvoll sein, zumal die Passgenauigkeit von Bewerbungen spürbar nachgelassen hat.
Der Grund ist, dass viele ihre Unterlagen eingescannt auf der Festplatte liegen haben und entsprechend schnell auf „Senden“ drücken, selbst wenn die Stelle nicht ganz so gut passt. Jenseits der reinen Vorauswahl bin ich allerdings skeptisch, was den Einsatz von Algorithmen angeht. Hier muss der Mensch in Aktion treten. Wir schauen uns jede Unterlage genau an, sprechen mit den Bewerbenden persönlich, formulieren aussagekräftige Gutachten, die eben nicht aus Textbausteinen bestehen. All das kann und sollte nicht automatisiert werden, zumal die Stärke eines guten Personalberaters darin liegt, das Gesamtbild zu sehen: Wer nicht auf die ausgeschriebene Stelle passt, eignet sich vielleicht für eine andere!
Ich erinnere mich zum Beispiel gut an einen Kandidaten, den ich über Jahre hinweg immer wieder für verschiedene Projekte ins Spiel brachte – ohne Erfolg. Er verfügte über alle fachlichen und persönlichen Qualifikationen, doch er passte einfach nicht in das jeweilige Umfeld – oder das Umfeld zu ihm. Dreimal lautete die Antwort also „Nein“, aber dann, beim vierten Mal, nach sechs oder sieben Jahren, konnte ich ihn platzieren, auf seiner Traumstelle als technischer Beigeordneter. Einen so langen Atem hat kein Algorithmus!

Auch unter den Personalberatern findet eine zunehmende Konzentration statt. Hat ein mittelständischer Anbieter wie zfm hier überhaupt noch Chancen?

EM: Auf jeden Fall! Denn das Geschäft ist sehr individuell. In der Personalberatung geht es um Menschen, um Gespräche, um Sorgfalt. All das „skaliert“ schlecht, wie der Betriebswirt sagt, es lässt sich nicht auf Masse trimmen. Hinzu kommt, dass unser Geschäft langfristig angelegt ist: Wir begleiten viele Führungskräfte ihr ganzes Berufsleben lang – und sie wiederum können darauf vertrauen, dass ihre Ansprechperson auch morgen noch bei zfm arbeitet. Diese Kontinuität bieten die großen „Beratungs-Fabriken“ nicht. Deshalb bin ich überzeugt, dass es auch in Zukunft auf dem Markt einen Platz für kleine, hochspezialisierte Personalberatungen gibt. Mein Anspruch für die nächsten Jahre ist es, weiter organisch zu wachsen und auch zukünftig zu den führenden Beratungen für den öffentlichen Sektor zu gehören. Jedes Projekt ist für uns einzigartig – egal ob für die Millionenstadt Köln oder die Gemeinde Möglingen mit 10.000 Einwohnern.
Es ist doch so: Wie gut eine vermittelte Führungskraft ist, hängt nicht von der Größe der Personalberatungsfirma ab. Entscheidend ist der Mensch, der den Auftrag bearbeitet – seine Motivation, seine Ideen und seine Bereitschaft, alles zu geben. zfm konnte in den letzten 30 Jahren nur deshalb so erfolgreich sein, weil all das in unserem Team stimmt. Es sind unsere 30 hochmotivierten und eigenständigen Mitarbeitenden, die alles möglich gemacht haben. Lassen Sie es mich so zusammenfassen: Als Personalberater muss man für den Kunden den Besten oder die Beste finden. Doch das gelingt nur, wenn auch im eigenen Haus die Besten sitzen. Dieses Glück hatte ich 30 Jahre lang – und dafür bin ich sehr dankbar!

Das Interview führte Constantin Gillies.
Erschienen in “Entwickeln Sie ZUKUNFTS_KRÄFTE – Wer gestaltet das Morgen?”


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